Bonn (KNA) Es war eine reale Begegnung, die in der Autorin Bettie I. Alfred ein altes Empfinden aus einem "längst wegreduzierten Bereich" hervorgeholt und zum Klingen gebracht hat. Es war ein zufälliges Treffen mit dem damals 86 Jahre alten Schriftsteller und Hörspielmacher Jan Christ, Jahrgang 1934, der im Literaturbetrieb nie so recht Fuß fassen konnte. Ab 1976 erschienen seine Romane, Prosaarbeiten und Gedichte, und bis 1991 hat er zwölf Hörspiele geschrieben, die von namhaften Regisseuren inszeniert wurden. Jan Christ ist die Vorlage für den Autor Mak Meerkatzer in Alfreds 88-minütigem Hörspiel, das sie in ihrem sogenannten Balkonstudio für den Südwestrundfunk (SWR) produziert hat. Meerkatzer wird gesprochen von Iffland-Ring-Träger Jens Harzer, der schon in Alfreds "Wut"-Trilogie tragende Rollen gespielt hat. Die Autorin übernimmt diesmal die Hauptrolle der Loni Reusenthaler - ebenfalls Schriftstellerin - die nach "Jahren des Stubenzerhockens" Meerkatzer zufällig auf einer Bank im Gewitterpark begegnet. Mit dabei ist noch ihre Freundin Jell, eine Orchestermusikerin "von gefühlstechnischer Häuslichkeit, die ihr das Bratschespielen erst ermöglichte", während Loni sich selbst in einer "sumpfig zähen Gefühlswelt" bewegt, "die nicht Ruhe gab ehe ein: Ich mag dich, aus jemandem herausquoll, egal, ob dies dann gelogen war oder wahr." Ihr Hörspiel verströme den "Duft von warmer Langsamkeit", schreibt Bettie I. Alfred auf ihrer Website und in der Tat passiert in dem Stück nicht viel. Es kommt zu ein paar Begegnungen mit dem altersverwirrten Dichter Meerkatzer, der seine Besucherinnen mal erkennt und mal auch wieder nicht und der als Höhepunkt irgendwann in einem Baum sitzt und nach seiner Jugendliebe, der damals 13-jährigen Elisabeth ruft. Die Freundinnen recherchieren ihr hinterher und finden eine Elisabeth Reumut, die allerdings bestreitet einen Mak Meerkatzer zu kennen. Dass sich Bettie I. Alfred und Jan Christ, beziehungsweise ihre Alter Egos Loni Reusenthaler und Mak Meerkatzer, so nahe sind, liegt an ihrer beider Vorliebe für Worterfindungen. Etwas, mit dem die zeitgenössische Kritik bei Christ wohl nichts anzufangen wusste: "eintürmige Gebilde ohne Keller drunter". Ein ungerechtes Urteil, wenn man Jan Christ nach etwa zwei Dritteln des Stücks im O-Ton hört, wenn er in der halligen Akustik einer Kirche sein unveröffentlichtes Gedicht "Grübeln legt Gruben und Gräber" rezitiert. Schon das reicht aus, um Neugier auf seine anderen Werke zu wecken. Als "stabil und verloren" beschreibt Loni den Ton in Meerkatzers Debütroman "Erdbodengänge" (bei Christ hieß der Roman "Asphaltgründe") und auch der Ton ihres Hörspiels ist melancholisch grundiert und mit pointierten akustischen Hintergrundmalereien angereichert, die man vielleicht erst beim zweiten Hören zu würdigen weiß.