Japan steht vor erneuter Reduzierung der Rundfunkgebühren

Von Mathias Ebert (KNA)

MEDIENPOLITIK - Während in Deutschland über eine mögliche Erhöhung des Rundfunkbeitrags spekuliert wird, steht in Japan bereits die vierte Senkung der Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf dem Plan. Der neue NHK-Intendant Nobuo Inaba greift dafür auf Reserven zurück.

| KNA Mediendienst

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Japanische Flagge

Foto: Jean-Matthieu Gautier/KNA

Tokio (KNA) Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Japan plant in diesem Jahr eine weitere Senkung der Gebühren. Die Senderspitze will die Belastung für die Bevölkerung reduzieren und damit die Akzeptanz für die Aufgaben der Anstalten hoch halten. Nobuo Inaba, der neue Intendant des japanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Nippon Hoso Kyokai/NHK), erklärte bei seinem Amtsantritt im Januar in Tokio, NHK müsse "vor allem seinem Namen gerecht werden und aufrichtig zu seinen Zuschauern" sein. NHK solle "ein Rundfunkveranstalter werden, auf den die Zuschauer zählen können, wenn sie mit Myriaden von Informationen konfrontiert werden". Bei der Unterhaltung solle NHK "zu neuen Aufgaben aufbrechen und danach streben, Weltklasse-Programme hoher Qualität zu schaffen." Am 5. Dezember 2022 hatte sich der NHK-Aufsichtsrat überraschend schnell auf einen neuen Intendanten geeinigt und den 72-jährigen Nobuo Inaba für drei Jahre gewählt. Inaba löste den bisherigen Intendanten Terunobu Maeda ab. Der 78 Jahre alte Maeda, ein ehemaliger Präsident der Mizuho-Finanzgruppe, hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet. "Ich würde lieber, dass jemand Jüngerer der neue Intendant wird, um die nächste Generation anzuleiten", erklärte Maeda im Dezember. Nobuo Inaba ist ebenfalls ein Finanzexperte. Er stammt aus der Präfektur Shizuoka und studierte Wirtschaft an der Universität Tokio. Nach dem Studium arbeitete er von 1974 bis 2008 für die japanische Zentralbank. Dort war er unter anderem Chef der Abteilung für Informationssystemdienste und Chef der Kontrollabteilung. Von 2004 bis 2008 war er einer der Exekutivdirektoren mit Verantwortung für die Finanzpolitik. Danach arbeitete er bis Juni 2022 als Sonderberater für den Ricoh-Elekronikkonzern. Seit 2008 standen bereits fünf Intendanten, die von außerhalb der Rundfunkbranche kamen, an der Spitze von NHK. Auch Maedas Vorgänger (2017-2020) Ryoichi Ueda agierte vormals als Finanzchef des Mitsubishi-Konzerns auf einem medienfernen Terrain. Finanzen sind ein wichtiger Bestandteil der Arbeit des NHK-Intendanten. Denn NHK finanziert sich fast vollständig durch die Rundfunkgebühr (97 Prozent), die für Satellitenfernsehen oder terrestrisches Fernsehen vereinbart wird. Eine Senkung der Rundfunkgebühr sieht ein Beschluss des NHK-Aufsichtsrats vom Oktober 2022 auf Vorschlag des damaligen Intendanten Maeda vor. Danach würde die Gebühr für das Satellitenfernsehen von 2.170 Yen (15,07 Euro) monatlich um 220 Yen (1,53 Euro) auf 1.950 Yen (13,54 Euro) gesenkt. Auch der Betrag für terrestrisches Fernsehen soll von 1.225 Yen (8,51 Euro) um 125 Yen (0,87 Euro) auf 1.100 Yen (7,64 Euro) verringert werden. Die Reduzierung der Rundfunkgebühren soll im Oktober 2023 in Kraft treten. Im Januar 2023 leitete Maeda das NHK-Budget und den Wirtschaftsplan für das Jahr 2023 an den für Medien zuständigen Innen- und Kommunikationsminister Takeaki Matsumoto (63) weiter. Er gehört zur national-konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP) des Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Fumio Kishida (65). Die LDP bestimmt seit 1948 mit kurzen Unterbrechungen die Nachkriegsgeschichte Japans und hatte sich für eine Senkung der Rundfunkgebühren stark gemacht. Es wäre dann bereits die vierte und bisher umfangreichste Reduzierung in der NHK-Geschichte. 2012 wurde die Gebühr um 120 Yen (0,83 Euro) gesenkt. "Wir sind in der Lage gewesen, durch eine Reihe von Reformen Ressourcen für eine Reduzierung der Gebühren zu sichern", erklärte der frühere NHK-Intendant Maeda. "Da die Preise in der ganzen Welt steigen, haben wir beschlossen, einen Schritt weiter zu gehen, um etwas an unsere Zuschauer zurückzugeben. Deshalb wird es etwas helfen, die finanziellen Lasten zu verringern, wenn auch nur ein bisschen", meinte Maeda. Alle Studenten werden außerdem ab Oktober von der Gebührenzahlung befreit. Das nun zu erwartende NHK-Defizit soll durch die Verwendung von 150 Milliarden Yen (1,04 Milliarden Euro) aus dem Reservefonds bis 2026 ausgeglichen werden. Ab 2027 soll wieder ein ausgeglichenes Budget erreicht werden. Der neue NHK-Intendant Nobuo Inaba unterstrich auf der Pressekonferenz in Tokio, er selbst werde für die Reformen verantwortlich sein, die weiter durchgeführt werden und die sicherstellen sollen, dass NHK weiter gedeiht. Auf eine entsprechende Frage äußerte er, "als Medienunternehmen muss sich NHK an Objektivität und Unabhängigkeit halten und sollte niemals Interventionen irgendwelcher Personen oder Körperschaften nachgeben". Der 1926 gegründete Japanische Rundfunk NHK verbreitet zwei terrestrische (General TV, Educational TV) und vier Satelliten-Fernsehkanäle (BS 1, BS Premium, BS 4K, BS 8K) sowie drei Radiokanäle (Radio1, Radio 2, FM). Hinzu kommt der Auslandsrundfunk NHK World Japan mit NHK World TV, NHK World Premium und NHK Radio Japan. NHK hat mehr als 10.000 Mitarbeiter. Im Finanzjahr 2023 beträgt das NHK-Budget 644 Milliarden Yen (4,5 Milliarden Euro).

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