Wirbel um deutsche Miniserie über Spaniens Ex-König Juan Carlos

Von Steffen Grimberg (KNA)

STREAMING - Ein heißes Eisen packt der deutsche Produzent Christian Beetz da an: "Juan Carlos - Liebe, Geld, Verrat" läuft als Miniserie bei Sky in Deutschland. In England wurde die Ausstrahlung erst einmal verschoben, aus Angst vor Rechtsstreitigkeiten mit dem spanischen Königshaus. Beetz setzte seine Idee trotz Hindernissen um, wie er dem KNA-Mediendienst erklärt.

| KNA Mediendienst

alt

"Juan Carlos - Liebe, Geld, Verrat"

Foto: Sky/KNA

Berlin (KNA) Mit der deutschen Miniserie "Juan Carlos - Liebe, Geld, Verrat" zeichnet der Pay-TV-Sender Sky ein brisantes Sittengemälde um den 2014 abgedankten spanischen König Juan Carlos I. Der einstige royale Held, der Spanien nach der Franco-Diktatur in die demokratische Moderne und die EU führte, fiel nach Aufdeckung seiner Liebesbeziehung zu einer deutschen Adligen und Korruptionsvorwürfen derart in Ungnade, dass er 2020 sogar ins Exil in die Vereinigten Arabischen Emirate gehen musste. Die Doku-Serie des mehrfachen Grimme-Preisträgers Christian Beetz, die als einziger deutscher Beitrag in Cannes auf dem Serienfestival im April Premiere feierte, ist seit dem 21. Mai bei Sky und dem Streamingdienst WOW abrufbar. Am 28. Mai laufen die Teile 3 und 4 als Doppelfolge auch im Kanal Sky Entertainment. Der britische Teil der internationalen Sky-Gruppe hat dagegen aus Furcht vor rechtlichen Schritten des früheren spanischen Königs den Sendestart der Serie unter ihrem internationalen Titel "Juan Carlos: Downfall of the King" verschoben. Sie ist trotzdem mit einigem Wirbel auf Sky-Showtime Spanien und Sky-Italien am 22. Mai gestartet. In der investigativen Doku-Serie kommen enge Freunde, Palast-Insider, Journalisten und Unterstützer von Juan Carlos I. genau wie seine frühere Geliebte Corinna zu Sayn-Wittgenstein zu Wort. Außerdem äußern sich ehemalige Geheimdienst-Mitarbeiter, Chefankläger der internationalen Anti-Korruptionseinheit des FBI, spanische Richter, aber auch Juan-Carlos-Biograf Jaime Penafiel, der ehemalige Bankpräsident und heimliche "Finanzminister" des Königs, Mario Conde, und Juan Carlos engster Vertrauter, der amerikanische Businessman Philip Adkins und zudem frühere Ehemann von Corinna zu Sayn-Wittgenstein. "Diese Geschichte wäre aus oder in Spanien so nicht erzählbar", sagte Christian Beetz im Gespräch mit dem KNA-Mediendienst. Auch ein internationaler großer Streamingdienst habe sich zunächst für den Stoff interessiert, dann aber aus politischen Gründen und Sorge um die eigenen Aktivitäten in Spanien abgewunken. "Der spanische König genießt laut Verfassung totale Immunität. Deswegen ist Juan Carlos auch nie etwas passiert. Jeder Ansatz ist sofort im Keim erstickt und auch verfolgt worden", so Beetz. Denn als König habe Juan Carlos "auch Chefs der Geheimdienste eingesetzt, die dafür da waren, hinter ihm aufzuräumen", erklärte der Produzent: "Es gibt viele spanische Journalistinnen und Journalisten, die seit Jahrzehnten versuchen, etwas herauszubekommen. Aber dann wurde immer etwas untersagt und verboten - es ist hochpolitisch." Bereits bei den ersten Interviews in Spanien "bekamen wir gleich mysteriöse Anrufe: Wir hören euch zu, wir wissen, was ihr macht, wir beobachten euch und warnen Euch hiermit", berichtete Beetz: "Das war aber erst der Anfang einer langen Arie. Unsere Accounts wurden gehackt, E-Mails wurden ausgelesen - und an den Drehorten in London waren plötzlich Leute da, die uns filmten." Denn nicht nur für Juan Carlos I. selbst, sondern auch mit Blick auf das regierende spanische Königshaus unter seinem Sohn Felipe VI. wirft die Doku-Serie problematische Fragen auf. Vor zwölf Jahren beginnt der Absturz des Königs, als plötzlich ganz mysteriös ein Foto auftauchte, das den Monarchen bei einer Safari in Afrika zeigte. Hier jagte Juan Carlos I. für 44.000 Euro Elefanten und präsentierte sich stolz mit dem erlegten Tier. In Spanien, wo er kurz zuvor angesichts der damaligen Wirtschaftskrise seine Landsleute um Genügsamkeit und Geduld gebeten hatte, löste das erheblichen Wirbel aus. Das Brisante daran ist, dass dieses Foto gar nicht von dieser Safari stammt und es eigentlich auch keine Schnappschüsse von solchen royalen Safaris gibt. In den Folgejahren spitzte sich die Lage weiter zu. "Das streng katholische Spanien verzeiht seinem König zwar Frauengeschichten", sagt ein Insider im Film, "doch wenn es um Geld geht, hört das Verständnis sofort auf". Das zeigte sich auch bei Königssohn Felipe. Offiziell machte der nach seiner Heirat mit Letizia mitten in der Wirtschaftskrise 2004 eine bescheidene und volksnahe Hochzeitsreise in Spanien. Doch dann kam heraus, dass das Paar noch einmal für knapp 500.000 Euro Flitterwochen in Übersee verbrachte - organisiert von Corinna zu Sayn-Wittgenstein. Auch für Felipe VI. gilt die Immunitätsklausel der spanischen Verfassung, die sogar noch auf die von Korruptionsvorwürfen angeschlagene Königsfamilie erweitert wurde. Die im Vergleich zu anderen europäischen Königshäusern einzigartige Machtkonzentration bei gleichzeitiger Immunität habe Juan Carlos aus Sicht vieler Kritiker genutzt, um sich massiv zu bereichern, so Beetz weiter: "So hat Juan Carlos nach Schätzungen der 'New York Times' 1,8 Milliarden Euro an Korruptionsgeldern einsammeln können - andere Quellen sprechen sogar von mehr als zwei Milliarden Euro." 65 Millionen davon seien mutmaßlich allein nach dem Ende ihrer Beziehung an Corinna zu Sayn-Wittgenstein gegangen, die sich kurz davor gewähnt habe, nach einer von Juan Carlos beabsichtigten Scheidung von seiner Frau Sophia zur neuen spanischen Königin zu werden. 2018 forderte der König das Geld von ihr zurück. Nun ist die Deutsch-Dänin, die erst kurz vor ihrer Bekanntschaft mit Juan Carlos in den deutschen Hochadel eingeheiratet hatte, Kronzeugin gegen ihren ehemaligen Geliebten und klagt wegen Belästigung vor dem Londoner Gericht gegen ihn. An sie und die anderen Protagonisten heranzukommen, war ein schwieriges Unterfangen, so Beetz: "Anfangs haben wir natürlich nur Absagen erhalten. Aber wie so etwas läuft: Man bleibt dran, bittet darum, sich wenigstens einmal treffen und informell sprechen zu können." Dass zunächst ihr Beraterteam und dann Corinna zu Sayn-Wittgenstein selbst zum Gespräch bereit waren, sei der Durchbruch gewesen. "Wir haben klar gemacht, dass wir nicht wie die Boulevardmedien hinter sensationsheischend brisanten O-Tönen her waren, sondern die ganze Geschichte aus dem Blickwinkel aller Beteiligten erzählen wollten." Andere Beetz-Filme wie "Das Forum" über das World Economic Forum und seinen Begründer Klaus Schwab hätten hier als Referenz geholfen. Dass die Beteiligten versuchten, die Doku in ihrem Sinne zu beeinflussen, stellte die Produktion aber vor besondere Herausforderungen: "Hier haben alle ihre Agenda, dazu kommen komplexe Machtstrukturen und Konflikte", sagte Christian Beetz: "Es geht um viel Geld, um Verstrickungen miteinander. Zwischen fast allen Beteiligten gibt es hier so etwas wie ein toxisches Beziehungsgeflecht." So kommt in "Juan Carlos - Liebe, Geld, Verrat" erstmals einer der engsten Freunde der Ex-Königs, der Ex-Banker Mario Conde, zu Wort: "Conde war 1987 bis 1993 Präsident der Banesto Bank und ging dann später für sieben Jahre für seinen König in den Knast - und ist immer noch ein Königstreuer. Er war Juan Carlos' rechte Hand, sozusagen sein Finanzminister", berichtete Beetz. Juan Carlos I. ließ Beetz und seinem Team mit Showrunner Georg Tschurtschenthaler ("Rohwedder", "Reeperbahn Spezialeinheit FD65") und Anne von Petersdorff zwar ausrichten, er stehe für ein Interview nicht zur Verfügung. Doch "alle Königstreuen haben Juan Carlos gefragt, ob sie mitmachen dürfen bei diesem Film. Auch wenn er selbst nichts sagt, spricht er quasi zu uns - durch seine Entourage", betonte Beetz.

Lesen Sie weiter auf www.KNA-News.de