Berlin (KNA) "RBB-Aufseher kündigen Teuer-und-Nutzlos-Anwälten", blökte am Mittwochabend online das Boulevardblatt "B.Z.". Der Verwaltungsrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg hatte am Tag zuvor nach mehrstündiger, schweißtreibender Sitzung beschlossen, der Kanzlei Lutz Abel den Laufpass zu geben. Von 15.00 bis kurz vor 23.00 Uhr hatte das derzeit siebenköpfige Gremium beraten, dabei eigentlich anstehende wichtige Themen wie die Höhe des Gehalts der am 16. Juni gewählten künftigen Intendantin Ulrike Demmer und der anderen außertariflich beim RBB beschäftigten Spitzenkräfte vertagt. Und jetzt? Teuer, so viel ist klar, war das ganze Unterfangen. Mehr als 1,6 Millionen Euro haben die Dienste von Lutz Abel allein bis zum letzten Stichtag Ende April gekostet, die Rechnungen für die beiden Monate Mai und Juni sowie die Tage im Juli stehen noch aus. Das bisher öffentlich bekannte Ergebnis ist in der Tat höchst übersichtlich: ein paar längst durch Medienberichte belegte Fälle von mildem Größenwahn der früheren Intendantin Patricia Schlesinger. Wie der teure Besuch einer Benefiz-Gala in London ohne jeden Bezug zum RBB. Oder die umstrittenen Abendessen in Schlesingers Privatwohnung, wo sich illustre Gäste wie Berlins Polizeipräsidentin in privatem Rahmen von Freunden eingeladen wähnten, aber der RBB und damit alle Rundfunkbeitragspflichtigen die Zeche zahlten. Wenn jetzt, wie der Verwaltungsrat erklärt, erst zwei von sieben der von Lutz Abel identifizierten Untersuchungskomplexe der RBB-Krise mehr oder minder abschließend aufgearbeitet sind, spricht das Bände. Und nährt den Verdacht, dass die so hektische wie hemdsärmelige Vergabe des reichlich unspezifizierten Auftrags an die Kanzlei im Sommer 2022 zur kühnen Bewältigungstaktik der damaligen RBB-Führung passte. Denn Lutz Abel wurde im Sommer 2022 noch auf Initiative der alten RBB-Führungsmannschaft vom damaligen Verwaltungsrat und der bis heute amtierenden Compliance-Beauftragten mandatiert. Im RBB kursieren bis heute die abenteuerlichsten Gerüchte, weshalb die - schon zu Anfang heftig kritisierte - Wahl auf gerade diese Kanzlei fiel. Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass die forensische Aufarbeitung von Missständen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch unabhängige Dritte zum kostspieligen Unterfangen wird. Der MDR zahlte für die Dienste der von einem ehemaligen Landeskriminalamtschef geleiteten Firma Esecon zur Aufklärung des Betrugsskandals beim Kinderkanal laut unwidersprochenen Presseberichten stolze 6,63 Millionen Euro. Dagegen kommt der RBB noch einigermaßen günstig davon. Doch was kommt jetzt? Der RBB-Verwaltungsrat erklärt, er werde nun das Material von Lutz Abel übernehmen und sich selbst um die weitere Aufklärung kümmern. "Für den Verwaltungsrat wird die vollständige Aufklärung der RBB-Krise in den kommenden Monaten ein bestimmendes Thema bleiben", so die stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende Dagmar Tille. Offene Fragen zu klären, habe weiter höchste Priorität. Den Umgang mit den nun noch von Lutz Abel zu erwartenden Unterlagen werde das Gremium in seiner nächsten Sitzung wieder aufrufen. Das, mit Verlaub, klingt ähnlich hemdsärmelig wie die seinerzeitige Berufung der Kanzlei. Jetzt hilft nur eins: Transparenz und eine weitere Stärkung der eigenen Compliance. Der letzte Lutz-Abel-Bericht sollte umgehend an den Rundfunkrat weitergereicht und zusammen mit allen vorangegangenen Berichten - falls nötig mit den entsprechenden persönlichkeitsrechtlichen Schwärzungen - veröffentlicht werden. So lässt sich wenigstens verhindern, dass die Aufklärung des RBB-Skandals durch unabhängig-externe Dritte am Ende selbst zum Teil des RBB-Skandals wird.