Besonderes Thema, besonderer Krimi - ZDF-Mystery-Zweiteiler zu "Verschickungskindern" im Schwarzwald

Von Wolfgang Wittenburg (KNA)

KRIMI - Der Schwarzwald ist nicht gerade eine Hochburg für Verbrechen. Ein spannender Zweiteiler knüpft an lokale Begebenheiten in der Vergangenheit an. Drei seltsam drapierte Leichen geben dabei den Ermittlern ein Rätsel auf.

| KNA Mediendienst

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"Schneekind - Ein Schwarzwaldkrimi"

Foto: Stefan Spreer/ZDF/KNA

Mainz (KNA) Einen Mangel an Fernsehkrimis gibt es im Programm von ARD und ZDF wahrlich nicht. Fiktive Verbrechensschauplätze ziehen sich von Nord ("Der Usedom-Krimi", Das Erste) bis Süd ("München Mord", ZDF) (vgl. MD 46/23). Um sich in der Krimi-Flut hervorzuheben, braucht es gute Themen und ebensolche Drehbücher, denn besondere Themen machen besondere Krimis. Mit "Und tot bist Du!" (2019) und "Waldgericht" (2021) hat das TV-Ermittler-Duo Maris Bächle (Jessica Schwarz) und Konrad Diener (Max von Thun) es geschafft, mit seinen Schwarzwaldkrimis zwischen 5,5 und 7,4 Millionen Menschen vor die Bildschirme zu locken. Immer unter der Regie von Marcus O. Rosenmüller klärt das Duo in und um Freudenstadt Gewaltverbrechen auf. Zum Jahres-Auftakt ermittelt es am 2. und 3. Januar jeweils um 20.15 Uhr in zweiteiligen ZDF-Mystery-Thriller "Schneekind - Ein Schwarzwaldkrimi". Zu Beginn von Teil eins mit dem Titel "Niemand" wird inmitten des Zuständigkeitsbereiches von Bächle und Diener in einem abgelegenen Waldstück ein Wanderer tot gefunden. Bei der Leiche des Urlaubers befinden sich mitten im Sommer die Reste eines Schneemannes. Dies wird der gruselige Auftakt zu einer Reihe von Morden in einem Waldgebiet nahe Freudenstadt. Am Ende der ersten 88 Film-Minuten sind drei Opfer zu beklagen - alle gleichermaßen drapiert, stets sind auch Überreste eines Schneemannes dabei. Das Ermittler-Duo muss herausfinden, welche Verbindung zwischen der toten Frau und den beiden toten Männern besteht. Für Spannung sorgt, dass am Ende von Teil eins auch die Kommissarin ins Visier der Täter gerät. Und mit Teil zwei unter dem Titel "Eisheilige" beginnt auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Das Bindeglied zwischen allen Fällen finden die Ermittler in früheren Kindererholungsheimen. Für das Thema ist die Münchner Regisseurin und Produzentin Annette Reeker unter ihrem Pseudonym Anna Tebbe als Drehbuchautorin verantwortlich. Für Kinder aus einkommensschwachen Familien war die "Ferien-Verschickung" seit den 1960er Jahren oftmals die einzige Möglichkeit des Verreisens. Manch ein Kinderarzt riet zur Luftveränderung, wenn junge Patienten an Unterernährung oder chronischen Krankheiten litten. "Ich selbst gehöre der Generation der 'Verschickungskinder' an", erklärt Reeker. Verschickungsheime gab es damals nicht nur im Schwarzwald. Reeker sei zwar selbst nicht von körperlichen Misshandlungen betroffen gewesen, betont sie. Dennoch sei sie immer froh gewesen, wenn es wieder nach Hause ging, denn in den Heimen habe ein System der Angst geherrscht. "Die 'Tanten', wie sich die Betreuerinnen von uns nennen ließen, regierten mit militärischer Strenge. Ich habe selbst erlebt, dass Kinder nicht eher den Tisch verlassen durften bis alles - auch ihr Erbrochenes - gegessen war", erinnert sich die Autorin. Als sie in den "Freudenstädter Heimatblättern" über die Schwarzwälder Legende vom "Schneekind" las, wurden bei ihr verschüttete Erinnerungen lebendig. Unter den Kindern in den Verschickungsheimen habe sich schnell ein hierarchisches System entwickelt, sagt Reeker. Die Stärkeren unter ihnen seien der verlängerte Arm der Macht der Erwachsenen gewesen. Opfer seien Heranwachsende gewesen, die nicht der sozialen Norm entsprachen, beispielsweise weil ihre Mütter unverheiratet, der Vater ein Ausländer oder weil sie "Schneekinder" - auch "Kuckuckskinder" genannt - waren. Der in Berlin lebende Regisseur Marcus O. Rosenmüller legt mit "Schneekind - Ein Schwarzwaldkrimi" den Fokus auf einen authentischen, historischen Hintergrund, der sich in der Gegenwartshandlung spiegelt. "Das verstärkt die Thriller-Komponente und liefert eine reizvolle, spannende Ergänzung zum Ermittler-Krimi", findet Rosenmüller. Starke Naturschauplätze und einige urige Schwarzwaldhäuser sind gute Stilmittel für die schaurige Geschichte dieses Thrillers. Zeitliche Rückblenden und eine Kameraführung, die im entscheidenden Moment auch mal weg schwenkt, verdeutlichen das Thema Kindererholung von einst. All das zusammen macht "Schneekind - Ein Schwarzwaldkrimi" zu einem gelungenen Film - und wer Teil eins gesehen hat, wird Teil zwei am folgenden Abend fast nicht abwarten können.

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