Obst und Gemüse mit bitterem Beigeschmack - Arte-Doku über Ausbeutung in der Landwirtschaft

Von Wolfgang Wittenburg (KNA)

DOKU - Obst und Gemüse sind gesund und werden von vielen gerne gekauft. Die Supermarkt-Werbung suggeriert mitunter, dass die Ware zudem von glücklichen Bauern aus der Nähe kommt. Eine Arte-Doku schaut genauer hin.

| KNA Mediendienst

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"Bittere Früchte - Ausbeutung in der Landwirtschaft"

Foto: Marcus Zahn/WDR/KNA

Köln (KNA) Wenn man dem Einzelhandel Glauben schenkt, möchten Verbraucher nicht nur zu jeder Jahreszeit jedwede Sorte Obst und Gemüse einkaufen können; es soll auch so billig wie möglich sein. Pro Jahr verzehrt hierzulande im Schnitt jeder rund 70 Kilogramm Obst und 110 Kilogramm Gemüse - und kauft dies meist im Supermarkt ein. Der Handel wirbt damit, dass die Ware von glücklichen Bauern kommt und von Hand geerntet wird. Aber ist das wirklich so? Mit der Problematik von Lieferketten und deren Auswirkung auf die Landwirtschaft befasst sich am 19. März ab 21.45 Uhr die 85-minütige Arte/WDR-Dokumentation "Bittere Früchte - Ausbeutung in der Landwirtschaft". Die Filmemacher von "Berlin Producers Media" haben für die Doku das komplizierte Handelssystem untersucht. Sie legen offen, wie die Lieferketten vom Feld in den Einkaufskorb funktionieren. Nicht ausgespart wird dabei die aggressive Preispolitik der vier großen Supermarkt-Konzerne, die in ihren rund 25.000 Filialen im Bundesgebiet der Motor des Handels sind. Ihr "Tiefstpreisversprechen" wird im Film als eine moderne Form von Sklaverei in Europa entlarvt. Schweren Herzens muss Andreas Rahmann seine frischen Erdbeeren umpflügen: "Das ist besonders traurig, denn wir lieben Erdbeeren, und sie sind unser Hauptprodukt", sagt der Landwirt aus dem Münsterland. Sein Problem: Die Preise, die der Handel zahlt, ruinieren ihn - allein im vergangenen Jahr hat er mit seinen Erdbeeren 100.000 Euro Verlust gemacht. Rahmann wurde nach der Vernichtung der Früchte "ausgelistet" - die Supermärkte nehmen ihm sein Obst nicht mehr ab. Der Landwirt beklagt seinen Aufwand und das Risiko bei dem Naturprodukt - er muss den Boden beackern, Pflücker einstellen und bezahlen und die Ware versandfertig machen. Der Handel dagegen hat bei exakten Bestellungen keinen Ausschuss. Rahmann greift zur Selbsthilfe - er baut nun den lukrativeren Mais an, und seine Erdbeeren gibt es nur noch im Verkaufsstand an der Straße - ohne lange Lieferkette. Europaweit begleitet der Dokumentarfilm auch die Ernte von Oliven, Orangen, Erdbeeren und Blaubeeren in Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und Deutschland. Allein in Südeuropa werden mehr als eine Million Migranten zur Ernte auf den Feldern eingesetzt. Den Filmemachern ist es gelungen, dass einige offen vor der Kamera sprechen. Unter den Erntehelfern wird große Verzweiflung spürbar. Sie arbeiten fleißig und hart, erhalten aber mitunter wochenlang keinen Lohn und hoffen auf Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen - manche von ihnen über Jahre. Elke Sasse hat an der Gemeinschaftsproduktion von "Berlin Producers Media" mitgewirkt und vor allem die Drehs auf den Feldern betreut. Ihre Motivation und die der Befragten sei es, über die Situation in der Landwirtschaft zu informieren, um Diskussionen und Veränderungen anzustoßen. "Vielleicht können wir dann irgendwann Obst und Gemüse essen, das ohne Ausbeutung produziert wird", so ihre Hoffnung. Um dieses Thema weiter zu vertiefen, läuft direkt im Anschluss um 23.25 Uhr die Arte-Dokumentation "Die Unsichtbaren - Arbeiterinnen aus Osteuropa". Millionen Menschen verlassen dort ihre Angehörigen und begeben sich auf der Suche nach Arbeit und bessere Verdienstmöglichkeiten in den Westen. Doch auch ihre Entbehrungen sind an der Obsttheke nicht eingepreist.

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