München/Berlin (KNA) Die "Süddeutsche Zeitung" hat in diesen Tagen vermehrt mit sich selbst zu tun. Dieses Mal geht es allerdings nicht um die Suche nach Maulwürfen, die Redaktionsinterna an andere Mediendienste weitergaben. Weswegen die Chefredaktion mit Billigung anderer Instanzen im Haus den Datenverkehr zwischen den IP-Adressen der Redaktion und des Branchendienstes überprüfte, und kein Leck fand. Wer, zumal bei einer derart der investigativen Recherche verpflichteten Redaktion wie der "SZ", würde derlei auch über das Diensttelefon oder den offiziellen Mailaccount laufen lassen. Aktuell geht es ganz banal ums Sparen, was im Journalismus heute ja leider zur ständigen Begleitmusik gehört. Dreißig von immerhin noch knapp 500 redaktionellen Stellen könnten bei der SZ wegfallen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es keine geben, sagen die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der das Blatt seit 2007 gehört, genauso wie die Verlagsleitung in München und die Chefredaktion. Das Sparziel soll durch Nichtbesetzung freiwerdender Positionen und Nichtverlängerung befristeter Stellen erreicht werden. Leider ginge es nicht anders, "wir müssen da durch", laute die Argumentationslinie der Chefredaktion. Das berichten übereinstimmend verschiedene Mitarbeiter - die dann am Dienstagmittag bei einer Betriebsversammlung von einem entschiedenen "Vielleicht doch" ihres Verlagschefs Christian Wegner überrascht wurden. "Uns geht es eigentlich prima", habe dessen optimistische Botschaft gelautet. Die dreißig Stellen beziehungsweise das dahinterstehende Sparvolumen sei eher als Rechenspiel zu sehen, damit man auf ein vereinbartes Budget komme. Die Kürzungen seien keinesfalls unumstößlich beschlossen, gespart werden könne auch woanders. Alternativ könnten durch die Vermietung nicht mehr benötigter Flächen im Verlagshochhaus in der Hultschiner Straße zusätzliche Einnahmen in die Kasse kommen. Umziehen und Büros wechseln gehört bei der "SZ" schließlich schon länger zum Alltag, sagen Mitarbeiter. "Die Geschäftsführung ist in der Tat ein bisschen zurückgerudert und hat sinngemäß gesagt: Das war jetzt nur so eine Zahl, wenn es besser läuft, kommt es nicht so dicke", sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Franz Kotteder, der auch Vorsitzender der Deutschen Journalistenunion (DJU) in der Gewerkschaft Verdi ist. Und das, so Kotteder, sei immerhin ein "Hoffnungszeichen". Anderseits bleiben die immer gleichen Unsicherheiten: Genaue Zahlen kennt auch der Betriebsrat nicht, "die bekommen wir nicht mit Hinweis auf den Tendenzschutz. Da kann man uns viel erzählen". In der Belegschaft herrscht derweil eine Mischung aus Frust, Hoffnung und Ratlosigkeit. Von einer "Wahrnehmungsschere" spricht ein Mitarbeiter und meint die auseinanderklaffende Darstellung von Chefredaktion und Verlagsleitung. Die Arbeitsverdichtung, so sagen alle, hat noch einmal spürbar zugenommen. Dazu entzweit noch ein neues Konzept für den Online-Auftritt die Gemüter, der aber immens wichtig ist. Schließlich soll sich die Zeitung nach dem Willen der Geschäftsleitung lieber früher als später voll aus den Digitalerlösen finanzieren. Und so unabhängiger vom gedruckten Blatt werden, das schon länger standardmäßig nur noch 24 statt früher einmal 32 Seiten Umfang hat. Seit Ende 2023 mischt die SZ mit ihren "SZ Dossiers" im Wettbewerb der täglichen Newsletter mit. Gestartet wurde mit dem Thema "Digitalwende". In diesem Jahr sollen nun "weitere digitale Fachdossiers zu Zukunftsfragen auf den Markt" gebracht werden. Nach Bekanntwerden der jüngsten Sparpläne war vor allem die Chefredaktion um Wolfgang Kracht und Judith Wittwer kritisiert worden, weil diese zwar mit Bedauern, aber ohne eigene Vision und Gegenhalten die Ansagen der Geschäftsführung durchstelle. "Die machen alles mit, was ihnen von oben vorgegeben wird", lautet die harsche Kritik. Und jetzt lasse der "Weichspülgang" der Verlagsseite vom Dienstag Kracht & Co. komisch aussehen. "Wem soll ich eigentlich noch glauben?", heißt es in der Redaktion. "Wer wirft hier Nebelkerzen?", fragt eine andere Stimme und möchte wissen, wie es zu einer so krude-unterschiedlichen Kommunikation kommen konnte. Kracht, berichten Mitarbeiter, habe erst kürzlich wieder erzählt, wie "geborgen und aufgehoben" er sich in der SZ-Redaktion fühle. "Aber er kämpft nicht", heiß es bei seinen Kritikern, die das Krisenmanagement der Chefredaktion vor allem im Fall der stellvertretenden "SZ"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid als "fatal" bezeichnen. Klar ist in der aktuellen Situation auch, dass wesentliche Entscheidungen, die die "SZ" betreffen, längst nicht mehr nur in München getroffen werden. Verlagschef Wegner, der 2021 das Ruder beim Süddeutschen Verlag übernahm, ist im Hauptjob schon seit 2018 Geschäftsführer der SWMH. Den Zeitungsriesen mit Schwerpunkt im Südwesten der Republik drücken weiterhin die Verbindlichkeiten aus den für den Kauf der SZ aufgenommenen Kredite. Angeblich ist die SWMH (u.a. "Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten", "Schwarzwälder Bote"), die mit Angaben zu ihrer wirtschaftlichen Situation traditionell äußert zurückhaltende umgeht, derzeit im Minus. Vor vier Jahren habe man der "SZ"-Geschäftsführung in München schon einmal den Vorschlag einer langfristigen strategischen Personalplanung bei der Süddeutschen unter Einbeziehung der Agentur für Arbeit gemacht, berichtet Betriebsrat Kotteder. Doch die habe eher spröde auf den Vorschlag reagiert.