Von Soldaten ständig bewacht - Arte-Dokumentation über die letzten Weißen Nashörner

Von Gaby Sikorski

DOKU - Zwei junge Tierpfleger in Kenia kümmern um die letzten drei noch lebenden Nördlichen Breitmaulnashörner. Arte hat sie dabei über mehrere Jahre mit der Kamera begleitet.

| KNA Mediendienst

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"Das letzte Weiße Nashorn"

Foto: Vs. Goliath Visual, LLC/ARTE/KNA

Straßburg (KNA) Ein Sonnenaufgang im Schatten des Mount-Kenya-Massivs: Zwei Ranger mit blauen Plastikeimern locken drei Schwergewichte an, die sofort heranzuckeln, um sich genüsslich dem Inhalt der Eimer zu widmen: Hauptsächlich Karotten sind darin, offenbar ein Festmahl für die drei Breitmaulnashörner - die letzten ihrer Art. "Wir sind die letzten Menschen, die mit diesen Tieren arbeiten", erklärt Jojo, einer der beiden Ranger, in dem Dokumentarfilm "Das letzte Weiße Nashorn". Arte zeigt ihn am 8. Juni ab 21.45 Uhr. Jojo hat hier einen guten, aber nicht ungefährlichen Job gefunden. Wenn sie mit den Tieren im Busch und im Nationalpark unterwegs sind, dann nur gut bewaffnet und in Begleitung von Soldaten. Die letzten Nashörner müssen ständig bewacht werden, denn noch immer gibt es Wilderer, die es auf sie abgesehen haben. Das Horn der Nashörner, noch mehr als das Elfenbein der Elefanten, ist wegen seiner angeblich potenzsteigernden und heilenden Wirkung nach wie vor besonders in Asien gefragt. Eigentlich entspricht der Filmtitel "Das letzte Weiße Nashorn" nicht der Realität, denn zu Beginn des Films leben noch drei weiße Nashörner im Ol-Pejeta-Reservat zu Füßen des Mount-Kenya-Massivs: das alte Männchen Sudan, Jahrgang 1973, seine Tochter Najin und seine Enkelin Fatu. Lediglich Sudan wurde in freier Wildbahn geboren. Die große Hoffnung, dass sich die Weißen Nashörner in Freiheit vermehren würden, blieb unerfüllt, und ohne einen Bullen kann es auf natürlichem Wege keinen Nachwuchs geben. Daher kann das Fortbestehen der Art nur mit Hilfe der Reproduktionsmedizin gesichert werden - möglicherweise. Ein Wettlauf gegen die Zeit, denn auch Fatu ist bereits über 20 Jahre alt. Doch diese Fakten werden im Film kaum thematisiert. Er begleitet vielmehr die Ranger und die Nashörner über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Die Tiere stehen dabei nur scheinbar im Mittelpunkt, denn Regisseur David Hambridge lässt den Film von den Rangern selbst erzählen, die im Camp Ol Peyeta wie eine große Familie zusammenleben, obwohl sie verschiedenen Religionen und verschiedenen Stämmen angehören. "Niemand kommt hier im Busch allein zurecht - wir brauchen einander", sagt einer und meint damit nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere und das Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Er zeigt beispielsweise, wie Jojo ein mutterloses Spitzmaul-Nashornbaby mit der Flasche aufzieht - und es trotz aller guten Pflege ein paar Monate später stirbt. Jojo wird zum wichtigsten Protagonisten und gleichsam zum Gegenentwurf der traurigen Geschichte von Sudan und den Weißen Nashörnern. Filmemacher Hambridge begleitet Jojo nach Hause zu seiner Familie und zu seiner schwangeren Frau, die später ein kleines Mädchen zur Welt bringt. An ihrem ersten Geburtstag feiert die Kamera mit, und sie ist auch dabei, als Jojo mit seiner Tochter zum ersten Mal in den Nationalpark fährt und ihr die wilden Tiere vorstellt. Diese kleine Nebengeschichte hat etwas Rührendes, denn alle Versuche, eine halbwegs überzeugende optimistische Grundhaltung zu etablieren, werden immer wieder von der rauen Wirklichkeit eingeholt und demontiert. Jojos Tochter wird den alten Sudan und das Nashornbaby Ringo niemals kennenlernen, aber ein kleines bisschen Hoffnung bleibt doch. Trotz der vorherrschenden melancholischen Grundstimmung hat der Film aber nichts Düsteres. Die Bilder zeigen nicht nur die Schönheit der vielfältigen kenianischen Landschaft, sondern auch den Alltag im Ranger-Camp. Der Soundtrack ist zwar manchmal etwas sehr sentimental. Aber irgendwie passt das alles sehr gut zusammen: die Trauer um das, was unwiederbringlich verloren ist, und die ganz leise Hoffnung, dass es doch noch eine Rettung für die Weißen Nashörner und vielleicht sogar für die Menschen gibt.

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