Berlin (KNA) Der Berliner "Tagesspiegel" wird nach der Erwartung seines Chefredakteurs Lorenz Maroldt spätestens 2027 keine tägliche gedruckte Ausgabe mehr haben. "2027 wird keine tägliche Zeitung mehr auf Papier erscheinen, das gilt nicht nur für den 'Tagesspiegel'", sagte Maroldt am Mittwoch bei einer Anhörung des Medienausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses zur Lage des Lokaljournalismus. Zeitungen würden, wenn überhaupt, nur noch am Wochenende gedruckt erscheinen, so Maroldts Erwartung. Der 1945 gegründete "Tagesspiegel" hatte bereits Ende Mai seine gedruckte Sonntagsausgabe eingestellt, diese wird ab sofort nur noch als E-Paper digital publiziert. Ab Juli werde das Blatt laut Maroldt außerdem als überregionales Medium geführt, da die "Tagesspiegel"-Leserschaft schon längst nicht mehr auf die Hauptstadtregion beschränkt sei, sondern 80 Prozent auf die überregionale Nutzung entfielen. Der "Tagesspiegel" habe auch im Lokaljournalismus neue Maßstäbe gesetzt, sagte Maroldt. Die vor rund zehn Jahren gestarteten digitalen Newsletter auf Bezirksebene waren bislang kostenlos und werden zur Zeit auf ein Bezahlmodell umgestellt. Die Newsletter zunächst kostenfrei anzubieten, sei notwendig gewesen, um im Aufmerksamkeitswettbewerb der Hauptstadt zu bestehen, so Maroldt. Noch deckten die Einnahmen aus Werbung und Abonnements nicht die Ausgaben, "aber wir haben gerade erst angefangen, da bin ich optimistisch", sagte Maroldt. Der "Tagesspiegel"-Checkpoint, ein morgendlicher Newsletter für Berlin, der ebenfalls viel lokale Informationen enthält, sei dagegen rentabel und nähere sich der 500.000 Abonnements-Marke. Noch relativ neu im "Tagesspiegel"-Angebot sind die so genannten "Tagesspiegel"-Backgrounds zu diversen Fachthemen, die kostenpflichtig tiefergehende Informationen für ein Fachpublikum bieten. In diesem Segment konkurriert der zum Holtzbrinck-Konzern gehörende "Tagesspiegel" mit anderen Angeboten wie Table Media oder Politico. Zu Holtzbrinck gehören unter anderem auch die "Zeit" sowie die Wirtschaftstitel "Handelsblatt" und "Wirtschaftswoche".