Blühende Landschaften für Taktiker - "Terrascape" ist schön anzusehen, aber schwer zu meistern

Von Steffen Haubner (KNA)

GAMING - Das Aufbauspiel "Terrascape" bietet viel strategischen Tiefgang. Das deutsche Entwicklerteam kombiniert geschickt Entspannung und Herausforderung. In der Kurzkritik: "Beyond Good and Evil - 20th Anniversary Edition".

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"Terrascape"

Foto: Haubner/KNA

Bonn (KNA) Aus dem, was einem zur Verfügung steht, das Bestmögliche machen. Vorhandenes geschickt kombinieren und damit Neues erschaffen, das wiederum die Grundlage für ständig wachsende Möglichkeiten bildet. Auf diese Grundprinzipien lässt sich "Terrascape" des deutschen Indie-Studios Bitfall herunterbrechen. In gewisser Weise gehört "Terrascape" zum Genre der Aufbauspiele, doch geht es hier weniger um freie Gestaltung, als um vorausschauende Planung und das Erreichen möglichst großer Effizienz, die sich wiederum in höheren Punktzahlen niederschlägt. Dass die Befriedigung, die im Erschaffen blühender Landschaften liegt, dennoch ein wesentlicher Faktor bleibt, ist dem schöpferischen Geschick des nur sechsköpfigen Entwicklerteams zu verdanken. Ihm ist es gelungen, die richtige Balance zwischen Entspannung und spielerischer Herausforderung zu finden. Der optionale Mehrspielermodus und die Möglichkeit, erzielte Erfolge mit anderen Spielern zu vergleichen, fügen dem Ganzen noch ein kompetitives Element hinzu. Auf einem brettspielartigen Plan, der aus sechseckigen, Biome symbolisierenden Feldern besteht, sollen aus Gebäuden und unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen funktionierende Ansiedlungen aufgebaut werden. Jede ausgespielte Karte bringt Punkte, die ganz von den angrenzenden Feldern abhängen. In bestimmten Mustern ausgelegte Karten verschmelzen zu größeren Komplexen, wobei man zu Anfang nicht weiß, welche Kombinationen welche Ergebnisse bringen. Je nach erzielten Erfolgen stehen neue Decks und neue Elemente zur Verfügung. Da die Punktewertung immer nur einmal erfolgt, sollte auch die Reihenfolge, in der man Karten ausspielt, nicht vernachlässigt werden. So bringt eine Hütte je nach Geländeart unterschiedlich viele Punkte, vier zusammenhängende Hütten werden zum Langhaus, mehrere Gebäude fusionieren zu immer komplexeren Ansiedlungen. Ein Brunnen wird idealerweise zwischen Wohngebäuden platziert, doch muss man zwischen diesen vorher auch genug Freiraum lassen. Zudem wird der Platz auf der Karte im Spielverlauf rar, was die Möglichkeiten einschränkt, so dass vorausschauendes Planen unabdingbar ist. Verdient man keine Punkte mehr, bleiben auch neue Karten aus und das Spiel ist vorbei. Glücklicherweise setzt einen das Spiel nie unter Zeitdruck, Züge kann man rückgängig machen, so dass man genug Muße zum Nachdenken und Ausprobieren hat. Auch die klassische Musikuntermalung verleiht "Terrascape" einen eher kontemplativen Charakter. Das Spieldesign ist, auch hier an ein Brettspiel erinnernd, funktional, bietet aber genug optische Reize, um zusätzlich zu motivieren. Anfangen sollte man mit dem Spielmodus "Puzzle-Terras". Hier steht man vor zunächst überschaubaren, immer komplexer werdenden Aufgaben. In den "Szenarien" bekommt man es mit größeren, zufallsgenerierten Karten sowie nach und nach freigeschalteten Missionen zu tun, bei denen es stets um Expansion und die Versorgung der Bevölkerung geht. Im "Königreich-Modus" kann man sich schließlich nach Herzenslust austoben und dem persönlichen Highscore hinterherjagen. Es ist das Zusammenspiel aus vertrautem Brettspielsetting, pittoresken Landschaften und einer friedvollen Atmosphäre, die "Terrascape" zu einem durchweg wohltuenden Erlebnis macht. Wie viel Ehrgeiz man dabei entwickelt, mit Geduld und Voraussicht immer komplexere Herausforderungen zu meistern, bleibt einem natürlich ganz selbst überlassen. FAKTEN Hersteller / Entwickler: Bitfall Studios Altersempfehlung: Das Spiel hat keinerlei Gewaltanteile und baut Spannung einzig und allein durch die zu lösenden Aufgaben auf. Damit ist "Terrascape" grundsätzlich für jedes Alter geeignet. Jüngere Spieler unter zehn Jahren könnten allerdings gerade zu Anfang durch die recht komplexe Spielmechanik überfordert sein und Anleitung durch Ältere benötigen. Mehrspieler: ja Sprache: Deutsch Plattformen: PC Preis: 15 Euro (über Steam) Alternativen: "Fabledom" (Greena Games, ca. 21 Euro) ist eine Alternative für alle, die eine buntere Märchenwelt bevorzugen und denen bei "Terrascape" die Auseinandersetzung mit Widersachern fehlt. Der Städtebausimulator ist deshalb erst ab 12 Jahren freigegeben, bietet aber gute Unterhaltung in einer liebenswerten Fantasy-Umgebung. "Islanders" (Coatsink, ca. 5 Euro, ohne Altersbeschränkung) ist ein minimalistisches Strategiespiel, bei dem man surrealistische Städte auf exotischen Inseln entwirft. Nicht immer spiegelt der Verkaufserfolg den nachhaltigen Effekt eines Spiels wider. An "Beyond Good and Evil", 2003 für Nintendos GameCube und andere zeitgenössische Plattformen erschienen, erinnern sich heute noch viele Spieler - für einige davon ist es gar eine echte Herzensangelegenheit. Gelohnt hat es sich für den Hersteller Ubisoft allerdings kaum, die Fortsetzung gehört zur langen Liste angekündigter, aber nie erschienener Titel. Was die bis heute anhaltende Faszination ausmacht, lässt sich nun anhand einer überarbeiteten Neuauflage zum 20sten Jubiläum ermitteln. Da ist zum einen die junge Reporterin Jade. Eine nicht sexualisierte, selbstbewusste Heldin war damals noch eine Ausnahme. Zusammen mit ihrem Begleiter, einem sprechenden, technisch versierten "Schweine-Humanoiden" namens Pey'j, bildet sie eines der ungewöhnlichsten Duos der Gamehistorie. Eines Tages wird ihr Heimatplanet von Aliens angegriffen, die Jade und Pey'j anvertrauten Waisenkinder sind in Gefahr. Klar, dass die beiden die Bedrohung abwehren müssen. Unter der Regie des wegen seines problematischen Führungsstils mittlerweile in Ungnade gefallenen Videospielvisionärs Michel Ancel geschieht das auf so vielfältige und geistreiche Weise, dass einen dieses Spiel unweigerlich in seinen Bann zieht. Erkunden, kämpfen, Rätsel lösen stehen im Zentrum, hinzu kommen zahlreiche Mini-Spiele. Zudem muss Jade als Reporterin die besten Momente in Fotos festhalten und die Wesen des Planeten katalogisieren, ein Spiel im Spiel, das für noch mehr Abwechslung sorgt. Dass die Steuerung aus heutiger Sicht bisweilen etwas hakelig ist und die Grafik trotz Aufpolierung nicht mit heutigen Spielen mithalten kann, ist angesichts des unglaublichen Ideenreichtums von "Beyond Good and Evil" verschmerzbar. Game-Infos: "Beyond Good and Evil", Ubisoft Montpellier, für PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series S/X und Nintendo Switch, ab 12 Jahren, ca. 20 Euro.

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