Ampel-Versprechen eingelöst - Überfälliger erster Schritt beim gemeinnützigen Journalismus

Von Steffen Grimberg (KNA)

Auch wenn die neuen Regeln für gemeinnützigen Journalismus einigen nicht weit genug gehen, sollte der niedrischwellige Kompromiss aus der Bundesregierung fürs Erste zufriedenstellen, kommentiert KNA-Mediendienstleiter Steffen Grimberg.

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Ein Spatz in der Hand

Foto: Amit Mendelsohn/Imago/KNA

Berlin (KNA) Das Warten hat sich gelohnt. Auch wenn es zuletzt schien, als würden die medienpolitischen Ziele der Ampel aus dem Koalitionsvertrag den Weg so mancher gut gemeinter, aber an den Schwierigkeiten der Umsetzung scheiternder Projekte gehen: Die Ampel löst ihr Versprechen, mehr Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus zu schaffen, ein. Das ist die gute Nachricht. Und sie bleibt es auch, selbst wenn die Gemeinnützigkeit für redaktionelle Angebote per Verwaltungsakt neu geregelt wird - und nicht wie erhofft durch eine entsprechende Änderung und Ergänzung der Abgabenordnung per Gesetz. Im Rahmen eines sogenannten Anwendungserlasses zur Abgabenordnung sollen Finanzämter künftig nicht-gewinnorientierte journalistische Angebote nach einheitlichen Kriterien beurteilen und ihnen die für gemeinnützige Organisationen geltenden steuerrechtlichen Erleichterungen zugestehen. Engagierten Verfechtern der Gemeinnutz-Idee geht das nicht weit genug. Sie fordern weiterhin eine Gesetzesänderung, weil nur diese wirklich Rechtssicherheit schaffe. Zudem wird moniert, dass die Gemeinnützigkeit weiter über das Kriterium "Bildung" abgeleitet werden soll und damit Journalismus per se weiterhin nicht mit anderen als gemeinnützig anerkannten Zielen gleich gestellt wird. Beides ist richtig. Doch wie immer ist der freche Spatz in der Hand agiler als die scheue Taube auf dem Dach. Die geplante Formulierung für den Anwendungserlass besagt, dass nun nicht gewinnorientierte journalistisch-redaktionelle Nachrichtenaufbereitung und -beschaffung für die Allgemeinheit per se die Bildung fördern und damit das Kriterium der Gemeinnützigkeit erfüllen. Damit lässt sich für viele journalistische Organisationen, die diesen Status bereits haben oder anstreben, leben. Sie müssen in Zukunft nicht mehr bangen, wegen unterschiedlich weiter Auslegung des Bildungsbegriffs von Bundesland zu Bundesland durch den Rost zu fallen. Auch die Gemeinnützigkeit für ein Angebot wie den eben dieses Status' verlustig gegangenen Blogs "Volksverpetzer" sollte so wieder herzustellen sein. Ob unter Umständen kleinere Familienstiftungen und andere mögliche Mäzene weiter zögern, journalistische Projekte zu unterstützen, weil eben der nicht-kommerzielle Journalismus immer noch kein ganz eigenständiges Kriterium für Gemeinnützigkeit ist, muss sich zeigen. Wie überhaupt abzuwarten bleibt, wie der Anwendungserlass angewendet wird. Dass dann gegebenenfalls nachgesteuert werden muss, gehört zum politischen Geschäft. Ebenso die Tatsache, dass ein solcher Erlass auch wieder zurückgenommen werden kann und dies allein schon vom Aufwand leichter zu bewerkstelligen ist als eine Gesetzesänderung. Dennoch: Jetzt weiter ausschließlich auf eine gesetzliche Regelung zu bestehen, wäre unklug. Auch wenn die Opposition der klassischen Verlage bröckelt, würden ihre Verbände im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens alles versuchen, um die Sache doch noch scheitern zu lassen. Außerdem bleibt die Ampelkoalition - vorsichtig formuliert - höchst volatil. Was danach kommt, ist völlig unklar. Und in gut einem Jahr sind ohnehin die nächsten Bundestagswahlen. Dass es gelingt, gegen die Verlegerlobby in einem Wahljahr hier ein entsprechendes Gesetz durchzubringen, kann niemand ernstlich glauben. Wir sollten den sperrigen Begriff "Anwendungserlasses zur Abgabenordnung" also fürs Erste liebgewinnen.

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