Von Bürokraten und Brettseglern - ZDF-Doku über Sportler der DDR

Von Katharina Zeckau (KNA)

DOKU - Was haben Golf, Tennis und Windsurfen gemeinsam? All diese Sportarten wurden von der DDR-Führung abgelehnt: Zu bourgeois, westlich, elitär. Eine Doku stellt Sportler vor, die sich dennoch daran wagten.

| KNA Mediendienst

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"Schweiß und Tränen - Unerwünschte Stars des DDR-Sports"

Foto: Sibylle Längert/ZDF/KNA

Mainz (KNA) "Jedermann an jedem Ort, jede Woche einmal Sport!" Die Losung gab Walter Ulbricht 1959 aus, der mächtige Mann an der Spitze der DDR. Er selbst ging mit gutem Beispiel voran und ließ sich gerne als Vorturner bei Massensport-Events filmen. (Was angesichts seiner eher "unsportlich" erscheinenden Physis - Bäuchlein, Bürokraten-Outfit und dem berühmten Spitzbart - nicht einer gewissen Komik entbehrte). Szenen wie diese sind in der Doku "Schweiß und Tränen - Unerwünschte Stars des DDR-Sports" zu sehen, die das ZDF am 4. August von 23.45 bis 0.30 Uhr ausstrahlt. Vor allem aber zeigt der Film aus der "Terra-X-History"-Reihe, welche Schwierigkeiten Sportler jenseits der offiziellen, massiv überwachten sportpolitischen Zielvorgaben hatten. Denn manche Sportarten waren schlicht nicht genehm, wurden als "bourgeois", "elitär" oder "westlich" gebrandmarkt. Weshalb sie nicht gefördert oder gleich de facto verboten wurden - 1951 baute man etwa den letzten Golfplatz der DDR ab. Und manchmal war nicht der Sport, sondern der einzelne Sportler das "Problem". Wolfgang Lötzsch etwa war zu widerständig, um in der DDR eine Karriere als Radsportler anstreben zu dürfen, trotz vielfach bewiesener sportlicher Eignung. Nach seiner Weigerung, in die SED einzutreten, wurden ihm die Starts bei großen Rennen verboten, er wurde massiv bespitzelt und später gar ins Gefängnis gesteckt. Lötzsch ist einer von sieben Protagonisten: Regisseur Mario Sporn stellt Leistungs- und Hobbysportler aus den Bereichen Golf, Tennis, Alpinski, Eishockey, Radfahren und "Brettsegeln" (offizieller DDR-Ausdruck für Windsurfen) vor, deren jeweiliger Traum von der DDR-Führung zerstört wurde. Bitter ist auch der Fall des Tennisspielers Thomas Emmrich: Laut seiner Jugendfreundin Martina Navratilova wäre er ein Grand-Slam-Champion geworden. Wenn er nicht im falschen Land gelebt hätte. Ende der 1960er Jahre wurde Tennis wie andere, zu wenig "medaillenintensive" Sportarten aus der Leistungssportförderung herausgenommen - mit Medaillen wollte sich das Land schließlich politische Anerkennung verschaffen. Schmerzhaft auch die Erinnerungen von Joachim Ziesche: Der Eishockey-Profi befolgte als Trainer des SC Dynamo Berlin Befehle von oben: Je nach politischer Wetterlage lauteten diese "Gewinnen!" oder "Verlieren!". Seinem Torwart musste er dann schon mal die Anweisung geben, den Puck des Gegners reinzulassen. Die Alternative, erzählt Ziesche, wäre "der Verlust der Karriere" gewesen - die unter solchen Umständen aber natürlich ohnehin fragwürdig erscheint. Die "Brettseglerin" Sibylle Längert wiederum hatte keine Profi-Ambitionen, betrieb ihren Sport als Hobby - und litt doch unter den Restriktionen. Eindrücklich, wenn sie davon berichtet, wie wichtig das nächtliche Wegschließen der Windsurfing-Bretter bei einer Regatta auf der Ostsee war: Die Regierenden fürchteten die Republikflucht übers Wasser. "Schweiß und Tränen" erzählt neben ungeheuerlichen Ungerechtigkeiten und bitteren Schicksalen auch viel Skurriles: etwa, dass die DDR-Skifahrer im Fichtelgebirge auf Matten und nassem Gras übten, wenn sie mal wieder zu wenig Schnee hatten. Dass Erich Mielke Eishockey-Fan war und den Sport aus einem Sondertopf seiner Stasi-Behörde finanzieren ließ. Oder dass sich Damast-Bettwäsche gut gegen Golf-Ausstattung tauschen ließ. Bei einer Fülle an interessanten Details gelingt es der Doku aber nicht immer, Unwesentliches wegzulassen und die zentralen Geschichten gut herauszuarbeiten. Zum etwas hektischen, vollgestopften Gesamteindruck tragen auch die allzu flächendeckend verwendete Musik sowie der umfangreiche Off-Kommentar bei. Darüber hinaus gibt es große Diskrepanzen zwischen den Gesprächspartnern: Einige sind sehr eloquent, doch nicht alle vermögen fesselnd zu erzählen - was man mit einer präziseren Interviewführung womöglich ein Stück weit hätte auffangen können. Dennoch: Alles in allem bietet die aufwendig recherchierte Doku einen ebenso interessanten wie vielfältigen Einblick in ein bislang eher unterbelichtetes Stück DDR-Geschichte.

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