Verfassungsbeschwerde gegen Überwachung der "Letzten Generation"

Seit Monaten klagen Journalisten erfolglos gegen das Abhören des Pressetelefons der Klimaschutzorganisation "Letzte Generation". Ob die Pressefreiheit verletzt wurde, soll nun das Verfassungsgericht klären.

| KNA Mediendienst

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Berlin/München (KNA) Der Bayerische Journalisten-Verband, Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte haben Verfassungsbeschwerden gegen die Überwachung des Pressetelefons der Klimaschutzorganisation "Letzte Generation" eingereicht. Das gaben die Organisationen am Mittwoch bei einem Gespräch mit Pressevertretern bekannt. Wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung hatten Strafverfolgungsbehörden die Klimaschützer überwacht und dabei unter anderem auch den Telefonanschluss überwacht, über den die Organisation mit Pressevertretern kommuniziert hat. Dagegen wehren sich nun betroffene Journalisten mithilfe der drei Organisationen. "Für Journalistinnen und Journalisten gilt ein besonderer Vertrauensschutz", betonte Jan Heidtmann, Journalist der "Süddeutschen Zeitung" und als Betroffener einer der Beschwerdeführer. "Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn man vertrauliche Gespräche plötzlich in amtlichen Dokumenten verschriftlicht sieht." Das sei ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit. Es sei bemerkenswert, mit welcher Sorglosigkeit die Entscheidung für die Überwachung des Pressetelefons getroffen worden sei. "Insgesamt waren 171 Journalist*innen von der Abhörmaßnahme betroffen", sagte Harald Stocker vom Bayerischen Journalisten-Verband. "Man kann hier nicht mehr von Beifang sprechen, wenn gezielt auch das Pressetelefon abgehört wurde." Das Abhören schade dem Journalismus und damit der Demokratie, weil potenzielle Informantinnen und Informanten so ihr Vertrauen in die Kommunikation mit Journalisten verlieren könnten, so Stocker: "Wenn sich herumspricht, dass in einer Kirche der Beichtstuhl verwanzt ist, geht da ja auch keiner mehr hin." Die "Letzte Generation" ist in den vergangenen Jahren durch radikale Aktionen aufgefallen. Immer wieder hatten Vertreterinnen und Vertreter sich auf Straßen geklebt und so den Autoverkehr in vielen Städten zeitweise lahmgelegt. Damit wollten die Aktivistinnen und Aktivisten für mehr Aufmerksamkeit für die Klimakrise sorgen und eine Reaktion der Politik erzwingen. Aus diesem Grund wird gegen die Klimaschützer wegen Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Im Zuge der Ermittlungen hörte die Polizei unter anderem auch das Pressetelefon der Gruppe ab. Dagegen setzen sich Medienschaffende schon seit Monaten zur Wehr. Sie sehen ihr Recht auf freie Berichterstattung und Quellenschutz verletzt. Anfang August hatte das Landgericht München entschieden, dass die Abhörmaßnahme rechtens war, weil das Verfolgungsinteresse der Behörden das Grundrecht auf Pressefreiheit in diesem Fall überwiege. Zwar sei die Maßnahme ein tiefgreifender Eingriff in die Pressefreiheit, den das Landgericht in diesem Fall aber für verhältnismäßig hielt. Schon kurz nach der Entscheidung hatten Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen. Nun soll das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die Rechte der Journalisten, die mit abgehört worden waren, verletzt wurden. Nicola Bier, Juristin bei Reporter ohne Grenzen, kritisierte, dass die Pressefreiheit bei der Abwägung der Abhörmaßnahme offenbar gar nicht berücksichtigt worden war. Mit der Verfassungsbeschwerde wolle man klären lassen, woran sich ein Eingriff in die Pressefreiheit messen lassen müsse und wie es sich auf die Verhältnismäßigkeit auswirke, dass eine so weitreichende Maßnahme Einschüchterungseffekte auf die ganze Presselandschaft habe.

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