Berlin (KNA) Zum Auftakt des Verleger-Kongresses 2024 demonstrierten sie noch einmal betonte Einigkeit. Ja, beim Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) geht Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert nach gut zwei Jahren schon wieder. Doch weil ja laut BDZV "eine Phase der geordneten Übergabe" geplant ist, standen Albert und die beiden anderen Vorstandsvorsitzenden Matthias Ditzen-Blanke und Stefan Hilscher gemeinsam vorn im Saal. Da war die Meldung von Alberts Rückzug schon ein paar Tage alt und ist immerhin nicht erst auf dem Kongress explodiert. Ein paar Worte des Dankes gab es auch, wirklich warm wurde dabei aber niemandem. Albert, die mit einem pinken Hosenanzug perfekt zur hippen Kongress-Location im nhow-Hotel direkt an der Spree passte, stand aber gelassen-professionell ihre Frau. Dass sie, die eine der größten "Umbaumaßnahmen" des traditionell gern von vielschichtigen Interessen und Befindlichkeiten gekennzeichneten Verbands umsetzte, nun gehen soll, könnte dem BDZV noch leidtun. Albert, die im April 2022 von einer erfolgreichen Tätigkeit beim Verlag der "Neuen Zürcher Zeitung" in der Schweiz zurück nach Deutschland wechselte, musste dem bislang auf einem Präsidialsystem verhafteten Verband eine Struktur geben, die seine vielen unterschiedlichen Mitglieder zu integrieren vermochte. Dass der letzte Präsident des BDZV dabei Mathias Döpfner hieß, machte die Aufgabe nicht gerade leichter. Was genau schiefgelaufen ist, darüber mochte beim Kongress keiner reden. In den vergangenen Wochen und Monaten hatten mehrere Medienhäuser ihren Austritt aus dem BDZV verkündigt, darunter die "Bild"-Zeitung aus dem Hause Axel Springer. Zuletzt hatte die SV-Gruppe ("Schwäbische Zeitung, Nordkurier, Schweriner Volkszeitung" ihren Austritt erklärt und laut SV-Geschäftsführer Lutz Schumacher die "mangelnde Solidarität" im Verband beklagt. Die Funke-Gruppe ist schon länger nicht mehr dabei. Mit allen Ausgetretenen und Austrittswilligen würden aber konstruktive Gespräche geführt, hieß es am Rande des Kongresses. Albert die alleinige Verantwortung für solche Absetzbewegungen zu geben, hätte allerdings etwas Heuchlerisches. Auch die von Philipp Welte, dem Vorstandschef der Konkurrenzorganisation Medienverband der Freien Presse (MVFP) und Vorstand des Burda-Konzern, wieder einmal ventilierten Überlegungen, die Verbände zusammenzulegen, gehen nicht auf Alberts Konto. Zumal sie Kooperationen nicht abgeneigt war und selbst eine engere Zusammenarbeit mit dem BDVA, dem Verband der Anzeigenblätter, ins Gespräch gebracht hatte. Am Donnerstag war in der Candy-Kulisse des nhow-Hotels aber zu allererst Geschlossenheit angesagt. Und so wurden nochmals die bekannten Forderungen und Befürchtungen zelebriert. "Pressefreiheit beginnt mit unserer wirtschaftlichen Unabhängigkeit", betonte Ditzen-Blank, doch die Wettbewerbsbedingungen für die Verlage würden immer stärker durch die "Oligopolisierung der Werbemärkte" und das "monopolistische Agieren digitaler Torwächter wie Google und Facebook" torpediert. Dazu komme noch der Druck durch staatliche Regulierung und bürokratische Hürden. Die Branche fordert "politische Unterstützung sowie finanzielle Entlastung", lies: Eine Absenkung der Mehrwertsteuer. Und weil in diesem Jahr der Kanzler höchstpersönlich kam und nicht wie im Vorjahr nur für eine Grußbotschaft per Video zugeschaltet wurde, hätte tatsächlich etwas passieren können. Doch damit, das war schon am Vorabend beim "Newsnight"-Empfang klar geworden, rechnete niemand ernstlich. Olaf Scholz hielt dann auch eine Rede, die noch lauwarmer als der Dank an Albert ausfiel (siehe Meldung in diesem Newsletter) und klammerte alle heißen Eisen wie Mehrwertsteuer, Werbeverbote und Zustellförderung aus. Dafür erläuterte der zweite Vorstandschef Stefan Hilscher die Beweggründe, weswegen der BDZV ein erneutes EU-Beihilfeverfahren gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk angeschoben hat. Es geht weiter um die Textangebote im Netz, besonders die der ARD. "Wir sind überzeugt, dass unser Anliegen berechtigt ist. Denn die textlastigen Nachrichtenportale der Sender verstoßen gegen den Medienstaatsvertrag. Sie stehen in direkter Konkurrenz zu den Nachrichtenseiten der Presse und untergraben damit deren Refinanzierungsmöglichkeit", so Hilscher. Die Beschwerde ist nicht eben neu, die Regulierung der Öffentlich-Rechtlichen aber Ländersache, sodass der Kanzler sich denn auch hier jedes Kommentares enthielt. Ein bisschen Hoffnung konnten die Verleger dennoch schöpfen. Doch das lag nicht am Kanzler, sondern an seinem Parteifreund Alexander Schweitzer. Denn am Abend vor dem Kongress hatte der neue Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz erklärt, bei den anstehenden Reformen von ARD, ZDF und Deutschlandradio werde "der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht größer, dafür aber besser werden - in klarer Abgrenzung von privaten Medien". Deren Interessen würden die Länder bei der Formulierung des für Oktober erwarteten Reformstaatsvertrags deutlich stärker als bisher einbeziehen. Verbunden sei damit, "dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine klare Grenzziehung bekommt und auch anerkennt". Dies habe es "in den letzten Monaten und Jahren nicht immer gegeben", so Schweitzer, der auch Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder ist. Doch nur wenn die Politik "für Verlagsunternehmen Rahmenbedingungen so gestaltet, dass sie am Markt funktionieren, können wir ihre Leistung für die Demokratie aufrecht halten und Arbeitsbedingungen für Journalisten schaffen, angstfrei und unabhängig zu berichten", sagte Schweitzer. Das war deutlich mehr, als der Kanzler im Gepäck hatte und dürfte Schweitzer wohl gleich eine Einladung zum BDZV-Kongress 2025 verschafft haben, der wieder für September terminiert ist. Wer dann als Nachfolge für Sigrun Albert hauptamtlich die Geschäfte des Verbands führt, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen.