Frankfurt/Hamburg (KNA) Im Streit um die Rechte für die TV-Bilder der Fußballbundesliga hat das Schiedsgericht geurteilt: Der international agierende Streamingdienst DAZN hat nun wieder eine Chance, das von ihm so ersehnte Rechtepaket B für die Spielzeiten 25/26 bis 28/29 zu erwerben. Eigentlich war der Zuschlag für das Paket, das knapp 200 Livepartien vor allem der Freitags- und Samstagsspiele umfasst, von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) schon an einen Konkurrenten vergeben worden, obwohl dieser im April mindestens 20 Prozent weniger Geld geboten hatte als DAZN. "Enttäuscht" sei man damals über das Vorgehen der Liga-Bosse gewesen, sagte die für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständige DAZN-Geschäftsführerin Alice Mascia kürzlich in einem Interview dem Wirtschaftsmagazin "Capital". DAZN hatte im April deshalb den Gang vor ein Schiedsgericht angetreten. Mit dem Ergebnis, dass genau diese Vergabe nun annulliert werden muss. Ein Erfolg, wenn auch nicht auf ganzer Linie. Denn bei einer anderen Forderung bekam der seit 2016 in Deutschland aktive Streamingdienst nicht Recht: Das Paket B wird DAZN jetzt nicht automatisch zugesprochen. Damit hat das dreiköpfige Schiedsgericht keiner Partei vollumfänglich Recht gegeben. Das Schiedsgerichtsverfahren fand nach den Regeln der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit statt, je ein Richter war von DAZN und der Liga benannt worden, dazu kam eine weitere unabhängige Person. In dem Prozess war es um die Frage gegangen, ob die DFL im Recht war, als sie dem Streamer den Zuschlag beim Paket B verweigerte, weil DAZN eine geforderte Bankgarantie über einen Teil der gebotenen Summe nicht unmittelbar vorweisen konnte. Die DFL pochte ganz offenbar auch deshalb auf diese Garantie, weil DAZN Anfang des Jahres mit der Bitte auf die Liga zukam, vereinbarte Rechtezahlungen etwas aufzuschieben. Hier hatte die DFL eingewilligt. Dass DAZN nun deutlich mehr Geld für das größte Einzelspielpaket bot, rief dann aber ganz offenbar Zweifel in der Liga-Chefetage hervor. Warum die Richter am Dienstag nun so geurteilt haben, ist bis dato übrigens noch unklar. Eine genaue Begründung wird erst noch formuliert und das wird einige Wochen dauern. Sie soll im November vorliegen, erst dann will sich auch die DFL weiter dazu äußern. Als Folge des Urteils wird der im April unterbrochene Bundesligarechte-Auktionsprozess nochmals auf null gesetzt und ganz neu gestartet. Das Gute an der Entscheidung: Somit haben alle Beteiligten Klarheit. Das dürfte insbesondere für die Vereine wichtig sein, die wissen müssen, mit welchen Summen aus dem TV-Topf sie ab dem kommenden Sommer rechnen können. Eine monatelange Hängepartie, weil einer der Beteiligten nach dem Schiedsgerichtsspruch vor weitere Instanzen zieht, gilt nun als eher unwahrscheinlich. Stattdessen geht der Blick nach vorne, auf den Neustart der Auktion. In Kürze können alle Unternehmen, die Interesse an der Bundesliga haben, wieder mitbieten - auch DAZN, das dem Vernehmen nach im Frühjahr 1,6 Milliarden Euro für die Live-Bilder des Pakets B über einen Zeitraum von vier Saisons investieren wollte. Ob die kommenden Gebote aber ähnlich hoch ausfallen, ist keineswegs sicher - auch, wenn nun wieder die theoretische Möglichkeit besteht, dass Internet-Giganten wie Apple oder Amazon neu gewecktes Interesse am runden Leder in Deutschland haben. Denkbar ist aber auch, dass sich die im April gebotenen Summen jetzt nicht mehr erlösen lassen. Die TV-Branche leidet derzeit noch immer unter verhaltenen Werbebuchungen, bei vielen Streaming- und Pay-TV-Angeboten dürften die Abonnementzahlen ebenfalls zumeist unter Plan liegen. Die Tatsache, dass es auch in dieser Saison wieder eng zugeht an der Bundesliga-Tabellenspitze und die Fehde zwischen dem amtierenden deutschen Meister Bayer 04 Leverkusen und Rekordmeister Bayern München für viele Schlagzeilen sorgt, kommt der Liga da natürlich gelegen. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen die Jungs von der Säbener Straße in München schon im Frühjahr die Meisterschale für sich beanspruchen dürfen. Diese neue Spannung will sich die Liga natürlich gerne etwas kosten lassen - und sie kann nun von sich behaupten, dass einiges dafürspricht, dass es diese Spannung nicht nur in der vergangenen Saison gab. Nicht minder spannend dürfte nun aber auch die Fortsetzung der DFL-Auktion über die Bühne gehen. Auch, weil es dann zu einem Novum kommt. Erstmals in der Geschichte dieser Auktion, die in der Regel alle vier Jahre stattfindet, sind im Vorfeld konkrete Zahlen öffentlich durchgekaut worden. Dass DAZN mit voller Wucht und 400 Millionen Euro pro Saison auf Paket B gegangen ist, ist genauso publik wie das um mindestens 20 Prozent niedrigere Sky-Gebot, das aber trotz dieses Abschlags ebenfalls verhältnismäßig hoch gewesen sein soll. Beide Summen unterstreichen im Kern, dass die Bundesliga enorm wichtig für die Bezahldienste ist. Deutschlands ältester Pay-TV-Sender Sky, der trotz einiger Verkaufsgerüchte beim US-Mutterkonzern Comcast verbleibt, dürfte ganz ohne Bundesliga nur sehr begrenzte Überlebenschancen haben. 2019 hatte man schon den Verlust der Champions League an DAZN und Amazon Prime verkraften müssen. Die Bundesliga ist auf absehbare Zeit somit neben den vereinzelten Pokal-Spielen der einzige Zugang zu deutschem Spitzenfußball. Ohne die Bundesliga hätte also auch eine der jüngsten Sky-Innovationen wenig Hoffnung auf Erfolg: Das Produkt Sky Stream, das erstmals voll und ganz auf das Internet als Verbreitungsweg setzt und mittelfristig den Empfang via Kabel oder Satellit ablösen soll. Die kleine Streamingbox, die bei Vertragsabschluss mitgeliefert wird, ist zudem voll von Technik aus dem Hause Comcast - und bindet damit auch das deutsche Geschäft eng an die Konzernmutter. Es dürfte also im Interesse der Amerikaner sein, das deutsche Pay-Geschäft auf stabilere Beine zu stellen. Etwas anders ist die Ausgangslage bei DAZN. Zwar stand der Streamingdienst zuletzt immer wieder in der Kritik, weil manchen die Übertragungsqualität nicht passte oder die Abo-Preise von anfangs knapp 10 auf mittlerweile um die 45 Euro doch saftig angehoben wurden. Nach Aussagen von Geschäftsführerin Alice Mascia ist der Streamer hierzulande aber auf einem guten Weg. 2024 will man das zweite Halbjahr mit positiver Bilanz abschließen, 2025 dann auch das komplette Jahr. Das dürfte DAZN-Eigentümer Len Blavatnik freuen, der Milliarden in den Aufbau des Streamers gesteckt hat. Das Kalkül ist klar: Mit Paket B wäre DAZN auch in der öffentlichen Wahrnehmung und insbesondere im Zusammenspiel mit der Champions League die Nummer eins im deutschen Fußball. Zumal ja nicht ausgeschlossen ist, dass DAZN darüber hinaus noch auf andere Pakete aus dem DFL-Rechteangebot scharf ist. Neben dem schlagzeilenträchtigen Paket B sollen in den kommenden Wochen nun auch alle anderen Rechtepakete verkauft werden. Dazu gehören weitere Live-Spiel-Pakete für das Pay-TV, aber auch alle Pakete für das Free-TV und die für digitale Nutzung. Insgesamt erhofft sich die DFL Einnahmen von rund einer Milliarde Euro pro Saison - oder sogar etwas mehr.