Stuttgart (KNA) Der Tarifstreit bei "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten" ist weiter ungelöst. In der vergangenen Woche gab es in der baden-württembergischen Landeshauptstadt einen dreitägigen Warnstreik. Von Dienstag, 22. Oktober, bis Donnerstag hatten mehr als 100 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte. Sie protestierten demnach gegen die Weigerung des Arbeitgebers, Tarifverhandlungen aufzunehmen. Zuvor hatten bereits sechs Streiktage stattgefunden. Ein Gesprächsangebot gibt es nach Gewerkschaftsangaben bislang nicht: "Stand heute haben wir keine Reaktion des Arbeitgebers erhalten", berichtet Verdi-Sekretär Uwe Kreft auf Anfrage des KNA-Mediendienstes. "Die Geschäftsführung der Zeitungsgruppe Stuttgart GmbH weigert sich nach wie vor, in Tarifgespräche mit den zuständigen Gewerkschaften einzutreten." Die Zeitungen sei an den Streiktagen dennoch erschienen, bestätigen Beschäftigte dem KNA-Mediendienst. Sie seien aber mit vielen Eigenanzeigen aufgefüllt worden, im Lokalteil habe es Hinweise gegeben, dass streikbedingt einige Ausgaben eingeschränkt sein könnten. Auch der DJV-Landesverband Baden-Württemberg bekräftigt in einer Pressemitteilung die Kampfbereitschaft: "Nach mehreren erfolglosen Streikaktionen über die Sommermonate ist es an der Zeit, den Druck zu erhöhen." Obwohl man die Verlagsseite bereits im Frühjahr 2023 aufgefordert habe, zur Tarifbindung zurückzukehren oder zumindest Verhandlungen über einen Haustarifvertrag aufzunehmen, sei der Arbeitgeber noch immer nicht einmal bereit, zu verhandeln - trotz mehrerer Nachfragen und inzwischen vier Streikaktionen. "Sollte sich die Arbeitgeberseite nicht bewegen, sind für November weitere Aktionen geplant", so der DJV. Der Verlag um Geschäftsführer Herbert Dachs wollte sich nach viertägiger Bedenkzeit nicht zu den aktuellen Entwicklungen und dem dreitägigen Warnstreik äußern. Ein Sprecher der Medienholding Süd, zu der die Blätter gehören und die wiederum Teil der Südwestdeutschen Medienholding (u.a. "Süddeutsche Zeitung") ist, sagte dem KNA-Mediendienst, man wolle das Thema nicht extern kommentieren, sondern in Ruhe intern besprechen. Fragen nach dem Fortgang des Konflikts und ob ein Entgegenkommen in Hinblick auf die Forderungen der Mitarbeitenden geplant sei, bleiben unbeantwortet. Der Tarifstreit in Stuttgart schwelt bereits seit Monaten. Anfang Juni war es bei der Redaktionsgemeinschaft aus "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten" zu einem ersten Warnstreik gekommen. Stein des Anstoßes sind in Stuttgart vor allem die großen Unterschiede bei der Bezahlung innerhalb der Redaktion. Die Belegschaft ist bei zwei unterschiedlichen Gesellschaften angestellt. Beschäftigte der neu geschaffenen Zeitungsgruppe Stuttgart arbeiten laut Gewerkschaft Verdi größtenteils ohne Tarifvertrag und verdienen so deutlich weniger als ihre tarifgebundenen Kollegen, die bei einer anderen Gesellschaft angestellt sind, aber die gleiche Arbeit erledigen. Neueinstellungen wolle die Geschäftsführung künftig nur noch ohne Tarifbindung vornehmen, kritisierte Verdi zum Beginn des Tarifkampfes im Juni. Auch bislang tarifgebundene Stellen bei der "Esslinger Zeitung", der "Kreiszeitung Böblinger Bote" und in der Redaktionsgemeinschaft der Stuttgarter Zeitungen sollen im Falle einer Neuausschreibung prinzipiell keine Tarifbindung haben. Diese Zwei-Klassen-Gesellschaft sei ein Unding, kritisierte Markus Pfalzgraf, Landesvorsitzender des DJV Baden-Württemberg. "Es kann nicht sein, dass Menschen, die im selben Betrieb arbeiten, unterschiedlich bezahlt werden, wenn sie das Gleiche tun." Beschäftigte berichten von Gehaltsunterschieden von bis zu 10.000 Euro im Jahr bei gleicher Tätigkeit und Berufserfahrung. Geschäftsführer Herbert Dachs bestritt auf Anfrage des KNA-Mediendienstes im Juni Gehaltsunterschiede in dieser Höhe. Damals betonte Dachs auch, dass man mit dem Betriebsrat schon lange über Vergütungsgrundsätze für die Zeitungsgruppe Stuttgart spreche. Zu den Inhalten der Gespräche habe man Vertraulichkeit vereinbart. Aber: "Für Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften sieht die Geschäftsführung bisher keinen Anlass". Für die geänderten Strukturen sei die schwierige wirtschaftliche Lage verantwortlich, so Dachs im Juni. Wegen des Tendenzschutzes müssen Zeitungen aber keine Details über ihre wirtschaftliche Lage offenlegen, weswegen Betriebsrat, Gewerkschaften und die Öffentlichkeit das nicht überprüfen können. Die stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiterin Maike Schollenberger sagte bei der Streikversammlung in Stuttgart: "Die Beschäftigten sind bitter enttäuscht über die inzwischen zwei Jahre dauernde Verweigerungshaltung der Arbeitgeberseite." Gewerkschaftssekretär Kreft betonte mit Blick auf die mangelnde Gesprächsbereitschaft: "Solange dies so ist, haben die Arbeitnehmer*innen leider nur ein Mittel, den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zu bringen: den Warnstreik." Weitere Aktionen seien daher geplant.