Bemerkenswert und notwendig - Eckard von Hirschhausen sucht für die ARD die Folgen der Pandemie

Von Joachim Huber (KNA)

REPORTAGE - Jahrelang hielt die Corona-Pandemie die Welt in Atem. Auch wenn das Thema aus den Nachrichtenspalten verschwunden ist, leiden immer noch Menschen unter den Langzeitfolgen. Eine ARD-Doku geht dem auf den Grund.

| KNA Mediendienst

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"Hirschhausen und der lange Schatten von Corona"

Foto: Jonny Müller-Goldenstedt/Bilderfest/WDR/KNA

Berlin (KNA) Es ist bemerkenswert, es ist notwendig. Eckart von Hirschhausen ist zum sechsten Mal durch die Republik gereist, um die Langzeitfolgen von Corona zu dokumentieren. Denn was vor bald fünf Jahren als Pandemie begann und mit der Entwicklung von wirksamen Impfstoffen überwunden schien, ist längst nicht aus der Welt. "Hirschhausen und der lange Schatten von Corona", heißt am Montag um 20.15 Uhr dann auch der entsprechende Beitrag. Hunderttausende Menschen sind bis heute betroffen, Hirschhausen besucht einige von ihnen. Die Auswahl ist so gewählt, dass sie möglichst repräsentativ für die verschiedenen Betroffenengruppen ist. Schon der Einstieg in diese Mischung aus Dokumentation und Presenter-Reportage (Buch und Regie: Kristin Siebert) zeigt die Schwere und die Relevanz des Themas. Hirschhausen spricht mit Andrea, die am Chronischen Fatigue Syndrom ME/CFS leidet; die Erkrankung wird durch Viren ausgelöst, äußert sich durch extreme Erschöpfungszustände und ist die schwerste Form von Long Covid. Damit muss ein Leben gelebt werden, das bestenfalls im Rollstuhl und meistens im Bett stattfindet. Kein Einzelfall, sondern ein Fall unter Hunderttausenden. Schon hier wird deutlich und von Hirschhausen verdeutlicht, was zum langen Schatten von Corona gehört: ein zäher Kampf der schwer Erkrankten um Diagnostik, Therapie, um (finanzielle) Hilfe. Ein Gerichtsverfahren jagt das nächste. Was da geschildert wird, scheint schier unglaublich, weil Gesundheitssystem und Gesundheitspolitik es nicht schaffen, Menschen wie Andrea ausreichend zu helfen. Hirschhausen macht weder Panik noch drückt er aufs Anklagepedal, nein, seine Intervention ist von leiser und damit umso eindringlicherer Art und Weise. Engagement durch Empathie, Aufklärung durch Information, Anteilnahme ohne bloße Parteilichkeit - das ist sein einprägsamer Vermittlungsweg. Wer von Corona-Folgen spricht, der darf von negativen Impffolgen nicht schweigen. Hirschhausen, der sich wieder und wieder als Befürworter von Corona-Impfungen gezeigt hat, besucht dafür einen Benefizabend für Post-Vac-Betroffene und hört einer impfgeschädigten Kabarettkollegin zu, der ehemaligen "heute-show"-Protagonistin Christine Prayon. Die Sequenz beginnt quasi feindlich, weil Prayons Bemerkung, dass bei ihrem Kabarettabend auch "die ARD" anwesend sei, nicht eben mit Beifall quittiert wird. Auch das gehört wohl zu den Langzeitfolgen von Corona: eine nicht enden wollende Feindschaft von Impfgegnern und Medien. Aber was folgt, ist ein gutes, nachhaltiges Gespräch von Prayon und Hirschhausen, das sich um die Frage dreht: Wie sicher war die Impfung wirklich? Das Paul-Ehrlich-Institut, das für die Untersuchung von Nebenwirkungen zuständig ist, liefert dafür nur unzureichende Daten, auch deswegen, weil zwar die Prüfdaten der Hersteller und die Fallmeldungen der Arztpraxen, nicht aber die verfügbaren Krankenkassendaten erfasst werden. Auch hier offenbart sich wieder die Nachlässigkeit des Gesundheitssystems. Was der Beitrag aber unterlässt: Die Verantwortlichen in System und Politik für die Versäumnisse zu stellen. Hier hätte Hirschhausen aktiv und hartnäckig werden müssen, nicht zuletzt, um zu erfahren, ob und wie nachgebessert wird. Gerade damit die Langzeitfolgen nicht Ewigkeitswert bekommen. Um den Kreis der Betroffenen vollends auszuschreiten, wendet sich der Film in seinem Finale Kindern und Jugendlichen zu. Das Zusammenspiel von Betroffenen, Medizinern und Psychiatern führt vor Augen und Ohren, wie sehr die psychischen Belastungen von jungen Menschen seit der Pandemie gestiegen sind. Schulschließungen und Separierung schienen die geeigneten Mittel, doch tatsächlich sind die negativen Nebenwirkungen beträchtlich. Auch hier hätte Hirschhausen bei der Politik nachfragen sollen, ob und was daraus gelernt worden ist. Die 45 Minuten gehen aber nicht nur in den Darkroom von Corona. Da ist die Apothekerin Diana, die mit anderen Long-Covid-Patienten die weltweit größte internationale Fachkonferenz organisiert und führende Forscher weltweit vernetzt. Hier wie anderswo wird nicht aufgegeben, bis der verheerende Wirkmechanismus des Virus' und seiner Spielarten dekodiert ist. Was immer dabei herauskommen wird, Hirschhausen muss und wird es dem Fernsehpublikum mitteilen.

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