Ismaning (KNA) Manche haben es als Art Märchen in Erinnerung: Die Zeit, als Radiomacherin Valerie Weber Mitte der Nuller-Jahre Programmdirektorin des damals kriselnden bayerischen Senders Antenne Bayern wurde und dessen Reichweiten binnen weniger Jahre auf über 1,4 Millionen in der Durchschnittsstunde und damit zu neuen Rekorden führte. Mit Blick auf die klassischen Ergebnisse der Media-Analyse gelang Weber in etwa eine Verdoppelung der Hörerzahlen. Weber ging - inzwischen zur Programmgeschäftsführerin befördert und quasi auf der Spitze des Erfolgs - 2014 zuerst zum WDR, später heuerte sie bei der Audiotainment Südwest an. Seit Dezember 2024 ist sie zurück im Funkhaus in Ismaning bei München, als Nachfolgerin von Geschäftsführer Felix Kovac. Das Unternehmen lenkt sie jetzt zusammen mit Guy Fränkel, dem langjährigen Boss des Schwestersenders Rock Antenne, dessen Marke zuletzt populärer wurde, während Antenne Bayern in den vergangenen fünf Jahren den Eindruck erweckte, selbst nicht zu wissen, wo es mit sich hin soll. Eine Richtungsänderung folgte der nächsten, was sich nicht nur an musikstrategischen Entscheidungen festmachen lässt. Die Rekordreichweite von damals hat sich halbiert, noch schlimmer: Bei den 14- bis 49-Jährigen fiel man hinter das öffentlich-rechtliche Bayern 3 zurück. Vor wenigen Jahren noch undenkbar. Nun haben die großen Radiosender, die auf eine AC-Musikfarbe setzen (also aktuelle und Chartmusik der jüngeren Vergangenheit spielen), zuletzt überall Hörer verloren. Antenne Bayern, das diesem generellen Trend der Gattung früher gut widerstand, hat jüngst aber stärker als der Markt abgegeben. "Das hat mit der Multibrand-Strategie zu tun", sagt Rückkehrerin Valerie Weber. Allein in den vergangenen fünf Jahren startete Antenne Bayern landesweit die Oldie Antenne, die Musik von den 60ern bis 90ern spielt - und sendet mit Antenne NRW im Westen ein auf 80er und 90er fokussiertes Programm. Die frühere Geschäftsführung wollte mit neuen Angeboten die Reichweiten-Rückgänge des Flaggschiffs kompensieren, hat aber mitunter neue Problemfelder eröffnet. Die Strategie habe "Fokus gekostet", sagt Weber und kündigt an, diesen nun wieder auf das Hauptprogramm legen zu wollen. Was das genau für Antenne NRW heißt, das sich auch fast vier Jahre nach dem Start im Westen kaum bis gar nicht durchgesetzt hat? "Bei Antenne NRW ist Einfach-Weiter-Machen keine Alternative. Es ist wahnsinnig schwierig mit einer regionalen Marke in einem so spannenden Land wie NRW Fuß zu fassen. Da sind schon so viele Marken und es sind auch schon viele Marken gegangen", sagt Weber klipp und klar. Dass sie schon am zweiten Arbeitstag bei Antenne Bayern den Zug nach NRW genommen habe, zeigt die Dringlichkeit des Themas. "Es bedarf allen Engagements, Liebe und Mühe, um alle Alternativen durchzusprechen", sagt sie und warb zugleich auch um Kooperationen in dem Bundesland. Nicht weniger Probleme hat sie in Bayern. Vor dem Hintergrund eines Dezembers 2024, der "richtig ins Kontor" gehauen hat, eigentlich aber ein Monat ist, in dem "richtig Kasse" gemacht wird, mussten Weber und Fränkel schmerzliche Entscheidungen treffen, auch wenn Fränkel die Umsätze ganz grundsätzlich als "stabil" bezeichnet. Beide mussten mit Mitarbeitern über das Ende von deren Beschäftigung sprechen. Rund eine Handvoll Personen habe es getroffen, mitunter seien zuvor schon Stellen nicht nachbesetzt worden. Das wird man bald offenbar auch hören. "Uns ist wichtig, dass wir jetzt auch im Programm mit Augenmaß reduzieren, um wieder neu zu investieren." Sonst gäbe es Mehrarbeit beim verbleibenden Team "und Mehrarbeit heißt schlechte Laune - und das heißt sofort auch schlechte Qualität." Gibt es also auch Bereiche, wo es nicht die redseligsten Moderatoren braucht, sondern andere Konzepte?" Weitere Music-Only-Strecken beim weiterhin größten deutschen Privatradioanbieter - von Weber explizit nicht mehr ausgeschlossen. Man wolle ohnehin die Musik "anders in den Fokus zu stellen", in "richtigen Musiksendungen". Weber erklärt, dabei vor allem konkret auf das Wochenendprogramm zu schauen, das "auf gar keinen Fall" so klingen solle wie das Programm unter der Woche. Apropos klingen: Kaum ist Valerie Weber zurück in Ismaning, klingt Antenne Bayern auch schon wieder deutlich anders. Neuer Claim, neues Nachrichtenformat, ein deutlich höherer Wortanteil am Morgen und mit Sicherheit ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange. "Nicht zu stören war vielleicht der größte Fehler mancher Sender. Um Aufmerksamkeit zu gewinnen, muss man leider auch mal Lärm machen. Ich mache gerne Lärm", sagt mit Valerie Weber eine Radiomacherin, deren frühere Programmaktionen durchaus für Schlagzeilen sorgten. Entstehen sollen sie nun wieder vor allem im Funkhaus in Ismaning. Intern sei das "Wir holen Euch heim"-Programm gestartet. Auch damit habe sich die Geschäftsführung jüngst "nicht beliebt" gemacht, wie Weber es nennt. "Mobile Office hat diesen Sender hart getroffen." Kreativität ergebe sich bei ihrem Sender über Kommunikation und Zufälligkeit, berichtet sie. Ob diese Weichenstellungen bei Antenne Bayern, zu denen jetzt schon eine große Plakatkampagne in ländlicheren bayerischen Regionen zählt, wirklich etwas bewirkt, wird man frühestens in 13 Monaten sehen. Wenn in diesem März im Rahmen der Media-Analyse neue Radio-Quoten präsentiert werden, fußen diese auf Telefonumfragen, die komplett 2023 durchgeführt wurden. Die im Sommer kommenden Zahlen hingegen setzen sich aus Befragungen im Herbst 2023 und einer jetzt noch bis Anfang März laufenden Welle zusammen. Erst im März 2026 also sind die Befragungen aus der Zeit vor der zweiten Weber-Ära bei Antenne Bayern verschwunden. Dass sich Märchen nicht zwei Mal auf gleiche Weise erzählen lassen, ist bekannt. Es müsste also eine ganz neue und andere Erfolgsgeschichte sein. Die Rückkehr nach über zehn Jahren, sie erfolgt unter erschwerten Bedingungen. Die Vorgaben sind klar: Antenne Bayern wieder stärker machen, neue Konzepte für NRW und dann auch wieder personell aufstocken. "Wir haben das Ziel, wenn sich die Lage beruhigt, neue und moderne Arbeitsplätze zu schaffen", sagt Fränkel.