Berlin (KNA) Es war Top 8 der Sitzung des RBB-Rundfunkrates am Mittwoch in Potsdam. Intendantin Ulrike Demmer sollte das Gremium über die Aufarbeitung der fehlerhaften Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar Ende des vergangenen Jahres unterrichten. Für diese externe Untersuchung hatte der Sender die Prüfungs- und Beratungsfirma Deloitte und den Journalisten und ehemaligen Leiter des Investigativ-Ressorts des NDR, Stephan Wels, beauftragt. Wer aber detaillierte Auskunft über den Abschlussbericht erwartete, sah sich von Intendantin Demmer enttäuscht. Der Bericht werde erst Mitte nächster Woche vorliegen, sehr wahrscheinlich am 3. März. Nähere Informationen über die Gründe der Verzögerung gab es nicht, aber Demmer betonte erneut: "Der Schaden ist enorm für Dritte und den RBB". Qualitätssicherung zu betreiben, sei ihr Herzensanliegen. Das Ausbleiben des Berichts führte zu deutlichen Reaktionen im Gremium. Insbesondere Antje Kapek (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte den Verdacht, hier sei eine "Verzögerungstaktik" im Spiel. Wie für andere Gremienmitglieder sei dieser Mittwochstermin für sie der letzte in dieser Legislatur. Wenn das Gremium am 12. März wieder zusammenkommt, sitzt da ein neuer Rundfunkrat, turnusmäßig wird über ein Drittel der 30 Mitglieder ausgetauscht. Kapek ist dann nicht mehr dabei, und der Rundfunkrat braucht auch gleich noch eine neue Führung. Denn der aktuelle Rundfunkratsvorsitzende Oliver Bürgel, entsandt von den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin, gehört ab März dem Gremium ebenfalls nicht mehr an. Am 11. März soll sich der Programmausschuss erneut mit dem Fall beschäftigen. Es gebe, so Kapek weiter, hier mehr Opfer als Stefan Gelbhaar, und was die Konsequenzen angehe, "so könne nicht nur eine einzelne Person abgestraft werden". Das bezog sich auf die Autorin des Beitrages, aber auch auf die redaktionelle Leitung des Senders. RBB-Chefredakteur David Biesinger hatte bereits Ende Januar im eigenen Sender erklärt, er sei nicht in "Einzelheiten des Themas" eingebunden gewesen und habe den fraglichen Beitrag auch nicht abgenommen, dies sei aber durch die redaktionell Verantwortlichen und das Justiziariat erfolgt. Antje Kapek zog den bitteren Schluss: "Der RBB-Skandal 2022 stand am Anfang dieses Rundfunkrates und es steht ein weiterer Skandal am Ende dieser Legislatur." Auch Christian Golny (CDU) sah im Fall Gelbhaar einen "gravierenden Vorgang". Welche Qualifikation hätten die Leute im RBB, die solche Berichterstattung leisten würden, fragte er. Sören Benn (Rat der Bürgermeister) zeigte sich "extrem erschüttert" über die fehlerhafte Berichterstattung. "Hier ist eine politische Biografie vernichtet worden." Es habe "Jagdfieber" geherrscht. Benn unterstrich zugleich, dass so ein Fall den RBB nicht von weiterer Investigation abhalten dürfe, weswegen Journalisten durch das System abgesichert werden müssten. Danach ergriff nochmals Intendantin Demmer das Wort. "Wir müssen Konsequenzen ziehen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat Verantwortung. Seine Glaubwürdigkeit hängt nicht am Tempo, sondern an der Korrektheit der Berichterstattung." Zum Schluss nahm der Rundfunkrat eine Empfehlung des Programmausschusses an, wonach die Intendanz beauftragt werde, ein Prozedere für den internen Umgang und die Krisenkommunikation in Fällen wie dem von Stefan Gelbhaar zu entwickeln. Die Causa Gelbhaar soll nach den Ausführungen des Vorsitzenden des Programmausschusses Moshe Offenberg (Jüdische Gemeinden) nicht mehr länger "Causa Gelbhaar" heißen, sondern schlichtweg "Causa". Offenberg erklärt zudem, für die Sicherstellung der Glaubwürdigkeit des Senders sei am Ende die Chefredaktion verantwortlich. Details wurden dann im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung debattiert. Die externe Untersuchung durch Deloitte und Wels sollte übrigens 60.000 Euro kosten. Sie wird nun aber teurer. Und auch sonst könnte die Causa den klammen RBB noch eine schöne Stange Geld kosten: Wie der Sender am Donnerstag in eigener Sache berichtete, macht Gelbhaar nach der fehlerhafter Berichterstattung über ihn jetzt finanzielle Ansprüche geltend. Laut RBB handelt es sich um Geldentschädigung und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1,7 Millionen Euro. Der Sender weist diese Summe "als unangemessen zurück". Der RBB hatte Ende Dezember 2024 über Belästigungsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten der Grünen berichtet, die dieser stets als Lüge und parteiinterne Intrige zurückgewiesen hatte. Man habe über diese Vorwürfe auf Basis eidesstattlicher Versicherungen berichtet, diese Berichte aber wieder zurückziehen müssen, so der RBB, da die Quelle der eidesstattlicher Versicherungen nicht überprüft worden sei. Nach Medienberichten soll die entsprechende Person nicht existieren. Unabhängig von der vom RBB zurückgezogenen Darstellung werden weitere Vorwürfe gegen Gelbhaar von einer Ombudsstelle der Grünen untersucht. Danach halten sieben Personen ihre Vorwürfe weiter aufrecht. Über deren konkrete Inhalte und die Beschwerdeführer ist öffentlich nichts bekannt. Gelbhaar weist auch diese Vorwürfe vollumfänglich zurück.