Berlin (KNA) Der Bericht ist da, doch noch nicht so richtig. Und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, steht erst recht noch nicht fest. Damit ist eins sicher: Die Aufarbeitung der fehlerhaften Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar Ende 2024 im Fernsehen des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) wird sich weiter hinziehen. RBB-Intendantin Ulrike Demmer wollte sich in der konstituierenden Sitzung des neuen RBB-Rundfunkrates am Mittwochabend dabei auf keinen Zeitplan festlegen lassen. "Uns liegt seit dem 5. März der vorläufige Bericht der externen Untersuchung vor, die finale Fassung wird es erst Ende März geben", sagte Demmer. Die Aufklärung sei zwar so weit abgeschlossen, aber welche konkreten Schlüsse sich daraus ergeben würden, das brauche noch weitere Zeit. "Wir brauchen rechtssichere Ergebnisse", begründete Demmer dieses Vorgehen. Die Intendantin sagte dem Gremium aber "verbindlich" zu, dass es personelle Konsequenzen geben werde. Mehr Tempo soll es bei den als notwendig erachteten Strukturveränderungen geben, insbesondere in der investigativen Redaktionsarbeit. Diese könnten schneller umgesetzt werden, sagte Demmer. So werde es unter anderem Schulungen zur Verdachtsberichterstattung geben. Während der Sitzung versuchte Ulrike Demmer außerdem immer wieder, den Verdacht, hier sei eine Verzögerungstaktik der Geschäftsleitung in der "Causa", wie das Ganze laut der entpersonalisierte Sprachregelung zur Affäre jetzt im RBB heißt, zu zerstreuen. "Ich habe großes Verständnis für den Wunsch nach rascher Aufklärung und größtmöglicher Transparenz". Aber die Klärung der Fragen, was der Fall an datenschutzrechtlichen, vor allem aber an personenrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehe, brauche just die Sorgfalt, die es bei der Berichterstattung nicht gegeben habe, so Demmer. Zu den Erwartungen des Kontrollgremiums und der Öffentlichkeit sagte sie dezidiert: "Wir sind noch nicht fertig." Wann die Geschäftsleitung fertig sein wird oder fertig sein will, dazu sagte die Senderchefin nichts. Demmer hatte die externe Untersuchung nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den RBB im Januar eingeleitet, in der Sitzung am Mittwoch waren aber weder Mitarbeiter der beauftragten Unternehmensberatung Deloitte noch der ebenfalls mit der Untersuchung betraute ehemalige Investigativ- und Innenpolitik-Chef des NDR, Stephan Wels zugegen. Dem Vernehmen nach soll der Bericht klar Verantwortlichkeiten benennen und zu konkreten personellen Konsequenzen raten. Der RBB hatte Ende Dezember 2024 über Belästigungsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar berichtet. Der Grünen-Politiker hatte die Vorwürfe stets als Lüge und parteiinterne Intrige zurückgewiesen. Man habe über diese Vorwürfe auf Basis eidesstattlicher Versicherungen berichtet, diese Berichte aber wieder zurückziehen müssen, so der RBB da die Quelle der eidesstattlicher Versicherungen nicht ausreichend überprüft worden sei. Nach Medienberichten soll die angebliche Zeugin, die die eidesstattliche Erklärung abgegeben hat, gar nicht existieren. Daneben gibt es weitere Vorwürfe gegen Gelbhaar, die derzeit intern von einer Ombudsstelle der Grünen untersucht werden. Auch hier hat Gelbhaar alle Vorwürfe zurückgewiesen. Wegen der fehlerhaften Berichterstattung, die auch Eingang in die Hauptnachrichtensendung "Abendschau" fand, stehen beim RBB auch Chefredakteur David Biesinger und "Abendschau"-Chefin Gabriele von Moltke in der Kritik. Im Rundfunkrat stieß das Vorgehen der Intendantin auf ein gemischtes Echo. Frank Feuerschütz vom Landesjugendring berichtete aus der Sondersitzung des Programmausschusses zur Causa am Vortag. Dort habe es "sehr viel Frust" im Gremium mit Blick auf das Verhalten der Senderspitze gegeben. Ursprünglich hatte Demmer auf der letzten Rundfunkratssitzung im Februar angekündigt, dass sich der Programmausschuss auf dieser Sitzung mit dem Bericht der Untersuchungskommission beschäftigen werde. Wenige Stunden vor der Sitzung wurde dem Programmausschuss mitgeteilt, dass sich Demmer aus den jetzt auch im Rundfunkrat wiederholten Gründen "noch nicht zum Bericht äußern könne". Feuerschütz äußerte am Mittwoch im Rundfunkrat Verständnis für den Kurs der Intendantin: "Wir stärken Ulrike Demmer den Rücken, wie sie damit umgeht. Sie sind dran, aber die Rechte der betroffenen Mitarbeitenden müssen ernst genommen werden". Es gehe hier um ein rechtsstaatliches Verfahren, und die entsprechende Regeln müssten gelten und eingehalten werden, so Feuerschütz. Christian Goiny von der CDU dagegen monierte den "fehlenden Zeitablauf". Der Rundfunkrat wolle sich von der Geschäftsleitung "nicht einschläfern lassen. Das lassen wir nicht mit uns machen. Sie müssen liefern, Frau Demmer", erklärte das Abgeordnentenhaus-Mitglied. Auch Dennis Hohloch, AfD-Abgeordneter im Brandenburger Landtag, kritisierte, dass es fast drei Monate nach der Berichterstattung immer noch keine handfesten Resultate gebe. Der von der Akademie der Künste entsandte Rundfunkrat Andres Veiel wiederum zeigte wie Feuerschütz Verständnis dafür, dass die personellen Konsequenzen nicht öffentlich verhandelt würden, "kein Verständnis" habe er aber für die Zeitverzögerung bei der "strukturellen Diagnose des redaktionellen Versagens", so Veiel. Und Denny Tumlirsch, im Hauptberuf Geschäftsführer Landesbauernverbands Brandenburg, bekam auf seine Frage, was überhaupt noch aufgearbeitet werden müsse, von der Geschäftsleitung nicht einmal eine Antwort. Immerhin führte die konstituierende Sitzung des 31-köpfigen Rundfunkrates am Mittwoch auch zu konkreten Ergebnissen. Frank Becker, Landesvorsitzender des Deutschen Beamtenbunds in Berlin, wurde einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Ebenfalls einstimmig bestimmte das Gremium die Luckenwalder Bürgermeisterin Elisabeth Herzog von der Heide (SPD) zu seiner Stellvertreterin. Auch die Mitglieder der Ausschüsse wurden gewählt. Damit hat das Kontrollgremium der öffentlich-rechtlichen Zweiländeranstalt seine Arbeitsfähigkeit hergestellt. Es wird sie brauchen. Nicht nur bei der Aufklärung der "Causa".