Istanbul (KNA) Im Vorfeld der Verhaftung von 106 Politikern und Journalisten in der Türkei am Mittwoch hat die türkische Regierung auch den Zugang zum Internet eingeschränkt. Laut NetBlocks, einer Initiative, die Internet-Blockaden und Netzsperren dokumentiert, wurde der Zugang zu mehreren Social-Media-Plattformen eingeschränkt, darunter X, Youtube, Instagram und Tiktok. Nutzern aus der Türkei zufolge dauern die Internetbeschränkungen bereits seit vielen Stunden an. Am Mittwoch waren der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu sowie Dutzende weitere Politiken und auch Journalisten festgenommen. Ihnen werden verschiedene Straftaten zur Last gelegt, darunter "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung", "Bestechung" und "Betrug". Neben Imamoglu wurden auch sein Berater Murat Ongun, der Bürgermeister des Istanbuler Bezirks Beylikdüzü, Murat Calık, der Bürgermeister von Sisli, Resul Emrah Sahan inhaftiert. Imamoglu wollte bei den kommenden Präsidentschaftswahlen gegen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan antreten. Die Opposition hatte sich gute Chancen ausgerechnet, einen Regierungswechsel zu erreichen und hatte sich bemüht, die eigentlich erst 2028 anstehenden Wahlen vorzuziehen. Die aktuelle Verhaftungswelle traf auch den investigativen Journalisten Ismail Saymaz. Ihm wird vorgeworfen, "den Sturz der Regierung der Türkischen Republik zu unterstützen". Die Anklage beruft sich auf seine vermeintliche Beteiligung an den Gezi-Park-Protesten im Jahr 2013. Saymaz selbst erklärte: "Da man mir keine anderen Vergehen vorwerfen konnte, versucht man nun, mich mit dem Gezi-Park-Verfahren in Verbindung zu bringen." Sein journalistisches Engagement solle auf diese Weise unterbunden und "ich gezielt zum Schweigen gebracht werden." Er betonte zudem, dass er in den vergangenen zwölf Jahren nie wegen der Gezi-Proteste strafrechtlich verfolgt wurde. Darüber hinaus gab die Istanbuler Gouverneursverwaltung bekannt, dass im Zeitraum vom 19. bis 23. März alle Versammlungen, Demonstrationen und Pressekonferenzen in der Stadt verboten seien, um die "öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und potenzielle provokative Aktionen zu verhindern". Dennoch versammelten sich am Mittwochabend Tausende Menschen in mehreren Städten der Türkei, um die Freilassung von Imamoglu und der anderen Festgenommenen zu fordern. Auch die Medien insgesamt geraten weiter unter Druck. Die türkische Rundfunk- und Fernsehaufsichtsbehörde RTÜK hat die Medien zur Zurückhaltung aufgerufen. Auf der Online-Plattform X betonte RTÜK-Präsident Ebubekir Sahin, dass Berichte über die Festnahmen vorrangig auf offiziellen Erklärungen der Staatsanwaltschaft und anderer staatlicher Stellen basieren sollten. Zudem kündigte RTÜK an, Verstöße gegen das Mediengesetz mit den härtesten Sanktionen zu ahnden. In einem weiteren Statement erklärte Sahin, die Medien müssten ihre redaktionelle Unabhängigkeit wahren, gleichzeitig jedoch dem öffentlichen Interesse und dem sozialen Frieden Rechnung tragen. Besonders wichtig sei es, die Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und offizieller Quellen zu berücksichtigen, um der Rechtsstaatlichkeit gerecht zu werden. Bereits Ende Februar hatte es Razzien in zehn türkischen Provinzen gegeben, bei denen zunächst 52 Personen festgenommen wurden. 30 von ihnen, darunter mehrere Journalisten, kamen in Haft. Ihnen wird eine Nähe zur verbotenen kurdischen PKK vorgeworfen.