Bonn (KNA) Auf die Frage, warum sie Videospiele spielen, würden die meisten Gamer wohl etwas antworten wie: "Um in fremde Welten zu reisen" oder "Um Dinge zu erleben, die im echten Leben unmöglich sind". Die Firma Aerosoft könnte an dieser Stelle direkt Einspruch erheben. Das passenderweise am Flughafen Paderborn/Lippstadt ansässige Unternehmen ist auf Simulationen spezialisiert, die der Realität so nah kommen sollen wie möglich. Während Flugsimulatoren viele Herzen höher schlagen lassen, scheint Busfahren allerdings deutlich weniger aufregend. Abermals Einspruch! Wer so denkt, hat noch nie eine eigene Buslinie auf die Beine gestellt oder versucht, alle Menschen in einem bestimmten Umkreis von A nach B oder von C nach A zu bringen. Genau das kann man im "City Bus Manager" tun, der nach seiner Veröffentlichung für PC im vergangenen Jahr jetzt auch für Spielkonsolen verfügbar ist. Hier gilt es, ein Busunternehmen zu leiten - samt Fahrplan, Mitarbeiterführung und natürlich wirtschaftlicher Verantwortung. Nun hat es das entwickelnde Studio PeDeBe geschafft, beim Realismus noch einen entscheidenden Schritt weiterzugehen. Per Bus zu erschließen sind nämlich keineswegs fiktive Welten, sondern real existierende Regionen. Es wird aber noch besser. Man kann nämlich so gut wie jede Ecke und jede Stadt dieser Erde zu seinem Betätigungsfeld machen. Als Grundlage dienen authentische Daten aus der freien digitalen Weltkarte Open Street Map. Wer sich also schon immer geärgert hat, dass die örtlichen Verkehrsbetriebe nur ein lückenhaftes oder unzuverlässiges Busnetz bereitstellen, kann nun beweisen, dass es besser geht! Man wählt aus, wo man seinen ganz persönlichen ÖPNV verwirklichen will, und legt entspannt los. Allerdings nur, um zu merken, dass es mit "entspannt" erst einmal nicht weit her ist. Zuerst muss man einen Betriebshof bauen, Bedienstete einstellen und Busse einkaufen. Deren Management samt Reparaturen und Reinigung obliegt einem selbstverständlich auch. Dann geht es daran, die Haltestellen zu planen. Wo werden vermutlich die meisten Leute einsteigen und wohin wollen sie fahren? Solche gedankliche Marktforschung ist essenziell, wenn sich die ganze hin und her Fahrerei am Ende auch rentieren und das Busunternehmen überleben soll. Die Grafik des "City Bus Managers" ist sympathisch schlicht und eher funktional. Allzu viele optische Reize würden vielleicht auch vom Wesentlichen ablenken, und das sind zufriedene Fahrgäste, motivierte Mitarbeiter und schwarze Zahlen. Die Lernkurve steigt dabei recht steil an, in den ersten Stunden sollte man mit einer gewissen Frustrationstoleranz zu Werke gehen. Zumal die Steuerung per Controller an der Konsole doch gewöhnungsbedürftig ist. Am PC mit Maus und Tastatur tut man sich da schon etwas leichter. Irgendwann aber geht alles flüssig von der Hand, was auch gut so ist, denn die Herausforderungen werden nicht kleiner. Gestresste oder unfähige Mitarbeiter, Schienenersatzverkehr und andere unvorhergesehene Ereignisse stellen selbst versierte Bus-Manager auf die Probe. Man tut daher gut daran, sich erst einmal eine kleinere Gemeinde auszusuchen. Wählt man eine Metropole wie Hamburg oder Köln, lernt man zwar praktisch nebenbei die städtische Verkehrsführung kennen, verliert aber schnell den Überblick über seine vielen Buslinien. Leider werden Spieler hier und da etwas allein gelassen mit all den Dingen, die man regeln und bedenken muss. Umso schöner ist es, wenn der Verkehr endlich rollt und die Fahrkartenverkäufe genug Geld in die Kasse spülen, das man gleich wieder in technische Neuerungen und weitere Busse investiert. So oder so beweist der "City Bus Manager": Das echte Leben ist oft spannender als jede Fiktion. Hersteller/Entwickler: Aerosoft/PeDeBe Altersempfehlung: ohne Altersbeschränkung; hier gibt es wirklich nichts, was das kindliche Gemüt beeinträchtigen könnte. Doch die spielerische Herausforderung ist nicht zu unterschätzen und kann schätzungsweise erst ab etwa 12 Jahren und mit einem gewissen Verständnis für Organisation und Zahlen bewältigt werden. Mehrspieler: nein Sprache: Deutsch Plattform: PlaySation 4/5, Xbox One/Series X/S, Windows PC Preis: ab ca. 30 Euro Alternativen: Beim 2019 erschienenen "Transport Fever 2" (Good Sheperd/Urban Games), das mittlerweile für unter 10 Euro für PC erhältlich ist, ist man auf fiktiven Karten zu Land, auf dem Wasser und in der Luft unterwegs. Der Reiz liegt hier eher im Modelleisenbahneffekt, während der "City Bus Manager" mit ambitionierterem Management und echten Städten punktet. Vermutlich gibt es keinen besseren Zeitpunkt für ein neues "Europa Universalis" als jetzt. Es ist das große Verdienst dieser seit einem Vierteljahrhundert bestehenden Spielreihe, historische Zusammenhänge so tiefgreifend und lebensnah nachzubilden, wie kaum ein anderes Spiel. Zudem stehen interaktive Geschichtsstunden derzeit hoch im Kurs. Wo überall auf der Welt Profitdenken und stumpfe Ideologien an die Stelle vernünftiger politischer Entscheidungen treten, tut es einfach gut, auszuprobieren, wie es besser gehen könnte. Das 2020 eigens gegründete, in Barcelona ansässige Studio Paradox Tinto arbeitet nunmehr seit fünf Jahren am neuen Teil, "Europa Universalis V". Demnächst soll er erscheinen, ein genaues Datum gibt es noch nicht. Nach den ersten Stunden eines exklusiven Vorschau-Tests zeigt sich: Das Spiel macht deutlich, wie komplex die Verflechtungen zwischen Warenproduktion, Handel, Rechtsprechung, Diplomatie, Militär und vielen anderen Faktoren tatsächlich sind. Kein Gesetz, das erlassen, keine Steuer, die erhoben wird, die nicht eine endlose Kaskade von gewollten oder ungewollten Folgen nach sich ziehen würde. In "Europa Universalis V" konkurrieren mehr als 2.100 Nationen um Macht und Einfluss. Die eigenen Präferenzen kann man gleich zu Beginn festlegen. Möchte man die Wissenschaft fördern, vorwiegend Handel treiben oder setzt man doch eher auf militärische Stärke? Neben traditionellen Nationen kann man nun auch nichtstaatliche Strukturen wie nomadische Horden, Stadtbünde oder religiöse Orden wählen, woraus sich einzigartige Ziele und Mechaniken ergeben. Herz des Ganzen ist die Bevölkerung, die mit Nahrungsmitteln und Gütern den Treibstoff für die wirtschaftliche Entwicklung schafft. Die Provinzen, in denen sie leben, sind keine abstrakten Zahlen, sondern werden durch unterschiedliche Kulturen, Klassen und Bedürfnisse geprägt. So schafft das Spiel einen Raum zum Experimentieren und Nachdenken darüber, was in unserer realen Welt so alles schiefgeht oder verändert werden könnte, wenn jemand bereit und in der Lage wäre, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Game-Infos: "Europa Universalis V" (Paradox/Paradox Tinto), für PC, Veröffentlichungsdatum und Altersfreigabe stehen noch nicht fest.