Berlin (KNA) Dass am öffentlich-rechtlichen Rundfunk und allem drumherum gespart werden soll, ist nichts Neues. Im Referentenentwurf zur Novellierung des Medienstaatsvertrages Berlin Brandenburg setzt die Politik den Rotstift nun aber ausgerechnet bei der Journalistenausbildung an. 300.000 Euro könnten der Electronic Media School ab 2026 fehlen - ein existenzbedrohendes Szenario, sagt Geschäftsführer Benjamin Denes im Interview mit dem KNA-Mediendienst. KNA-Mediendienst: Herr Denes, liest man den Referentenentwurf zur Novellierung des Medienstaatsvertrages Berlin-Brandenburg, dann wird die Arbeit der ElectronicMediaSchool (ems) in Frage gestellt. Der Gesetzesentwurf sieht eine Kürzung des sogenannten Vorweg-Abzugs auf Kosten des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) vor, womit der ems 300.000 Euro an Etatmittel fehlen würden. Wie sehr ist die rundfunkspezifische Aus- und Weiterbildung in Babelsberg gefährdet? Benjamin Denes: Inwieweit die politischen Verantwortlichen wissen, welche Auswirkungen es hätte, wenn sie dem RBB 300.000 Euro pro Jahr für die rundfunkspezifische Aus- und Fortbildung streichen, kann ich nicht beurteilen. Mit uns als Schule hat jedenfalls keiner der Verantwortlichen aus Potsdam und Berlin gesprochen. Zu Ihrer Frage: Wenn diese Mittel fehlen, dann wird es mittel- und langfristig sehr schwer bis unmöglich unsere Schule in der bekannten Form weiterzubetreiben. MD: Noch einmal zur Klärung der aktuellen Verhältnisse: Wie ist die ems organisiert, wie ist sie finanziert? Denes: Die ems ist eine gGmbH. Wir haben drei Geschäftsbereiche - unser eigenes Volontariat, das mit 950.000 Euro pro Jahr vom rbb finanziert wird, dazu einen Fortbildungs- und einen Produktions- und Beratungszweig. Diese Bereiche tragen sich selbst. Der Kern und die zentrale Aufgabe unsere Schule ist die journalistische Aus- und Fortbildung - insbesondere das 20 Monate dauernde ems-Volontariat. Wir haben seit 2002 mehr als 200 Absolventinnen und Absolventen ausgebildet. MD: Seit dem Ausstieg der Medienanstalt Berlin-Brandenburg 2023 ist der RBB alleiniger ems-Gesellschafter. Nun steht die öffentlich-rechtliche Zweiländeranstalt selber unter starkem Spardruck. Heißt: Der RBB wird die drohende Finanzierungslücke auf keinen Fall mit eigenen Mitteln schließen wollen und können? Denes: RBB-Intendantin Ulrike Demmer hat sich seit ihrem Amtsantritt sehr für unsere Schule eingesetzt, unterstützt unsere Arbeit und sieht die Bedeutung der ems - auch über den RBB hinaus. Aber auch wir wissen natürlich um die angespannte Finanzsituation des RBB, der gerade mehr als 250 Stellen abbaut und ein in der ARD bislang beispielloses Lean-Programm durchzieht. Ich vermute, dass dann mal nicht zufällig 300.000 Euro an freien Mitteln herumliegen. MD: Nochmals zum Gesetzentwurf: Die in Rede stehenden 300.000 Euro sollen dem Medienboard Berlin-Brandenburg zugeschlagen werden, sprich es sollen die Mittel, die das Land Brandenburg für die gemeinsame Filmförderung verwendet, um die genannte Summe verstärkt werden. Ist Ihnen erklärt worden, warum diese Umwidmung notwendig und notwendig ist? Denes: Die Frage, wohin das Geld gehen könnte, ist gar nicht unser Thema, hier sollten Institutionen auch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir beziehen uns nur auf den Passus zum Paragraf 15a über den sogenannten Vorwegabzug. Dort sind die Mittel für Klangkörper, für Brandenburger Kulturprogramm und auch das Medienboard im Vergleich zum bisherigen Gesetz nicht gekürzt worden. Lediglich die 300.000 Euro für die rundfunkspezifische Aus- und Fortbildung wurden gestrichen. Ob die 300.000 Euro für die Filmförderung oder anderweitig verwendet sollen, kann ich nicht beurteilen. Und uns ist tatsächlich nichts erklärt worden, wohl auch, weil wir als Tochtergesellschaft zunächst ja nur mittelbar betroffen sind. MD: Die ems wird im Oktober ihre 15. Lehrredaktion für zwölf Volontärinnen und Volontäre beginnen. Sie soll 20 Monate dauern. Was passiert, wenn die 300.000 Euro und damit ein Drittel der RBB-Finanzierung ab 2026 ausbleiben? Denes: Ich bin fest davon überzeugt: Die ems wird die 12 Journalismustalente, die sich übrigens im zweitgrößten Bewerberinnen-Kreis seit Gründung der Schule durchgesetzt haben, mindestens genauso gut ausbilden, wie die 14 Jahrgänge zuvor. Sie werden ein Volontariat in der gewohnten Qualität und auch ihre monatliche Ausbildungsvergütung erhalten. Einmalig lässt sich so ein Loch sicher in Teilen stopfen - zum Beispiel durch Fundraising, Spender und Sponsoren. Aber ob wir ohne diese 300.000 Euro pro Jahr und ohne zumindest einen weiteren Gesellschafter über 2027 hinaus die Schule weiterbetreiben können, ist mehr als fraglich. MD: Wie es aussieht, soll an der Journalismus-Ausbildung zu Gunsten der Filmförderung gespart werden. Handeln die verantwortlichen Politiker aus Ihrer Sicht nicht verantwortungslos, wenn sie diese Mittelverschiebung in Zeiten von Desinformation und Populismus vornehmen wollen? Denes: Wie gesagt: Ich möchte mich nicht an Spekulationen beteiligen, was mit den Mitteln, die dem RBB für die Aus- und Fortbildung gestrichen werden sollen, geschieht. Aber in der Tat ist es ein anachronistischer Plan, den die Potsdamer Staatskanzlei und die Berliner Senatskanzlei hier umsetzen wollen. Sie gefährden ja nicht nur das ems-Volontariat, sondern beispielsweise auch die vielen Kurse, die wir seit mehr als 15 Jahren für Lokalrundfunk- und Telemedien-Anbieter aus unserer Region im Auftrag der Medienanstalt anbieten - von Medienrecht über Recherche bis zum Mobile Reporting. Zudem drängt sich mir der Eindruck auf, dass die politischen Verantwortlichen hier ihre Abrechnung mit dem RBB auf Kosten des journalistischen Nachwuchses fortführen wollen. MD: Die Ausbildung an der ems geht ja über den RBB hinaus, sie findet in den Redaktionen des RBB, aber auch beim "Spiegel", n-tv oder T-Online sowie bei Podcast- und Videoproduktionsfirmen in der Region statt. Können diese Nutznießer nicht auch zur Finanzierung beitragen? Gibt es Anfragen, Gespräche, Zusagen? Denes: Seit dem Ausstieg der Medienanstalt haben sowohl der RBB als auch wir mit insgesamt drei möglichen neuen Gesellschaftern gesprochen. Wir haben in den Gesprächen Vertraulichkeit vereinbart, daher kann ich die Namen hier nicht nennen. Bislang haben wir noch keine Zusage, wir führen aber weiterhin Gespräche. Durch die Integration von generativer KI in viele redaktionelle Arbeitsabläufe müssen viele Medienhäusern in den kommenden Jahren einen enormen Schulungsbedarf decken. Dafür ist die ems ein sehr erfahrener und renommierter Partner. Viele der von Ihnen erwähnten Partner-Redaktionen betreiben allerdings eigene Journalistenschulen oder sind als Gesellschafter an solchen beteiligt. MD: Die Evangelische Journalistenschule, die Berliner Journalistenschule, die Leipzig School of Media wurden entweder geschlossen oder können kein Volontariat mehr anbieten - die ems aber bildete und bildet unverdrossen aus. Müssten nicht prominente Absolventen zur Unterstützung aufgerufen werden? Denes: Journalismus ist kein Aktivismus - das lehren wir stets im Volontariat und so wählen wir auch unsere Journalistenschüler und -schülerinnen aus. Insofern haben wir in den vergangenen Wochen versucht, erstmal mit den politischen Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen. Da wir aber keine Antworten erhalten haben, werden wir in dieser Sache nun tatsächlich nach außen aktiv.