Berlin (KNA) Am 12. März 2003 ist es passiert. Der serbische Ministerpräsident Zoran Dindic wird auf den Stufen seines Amtssitzes in Belgrad erschossen. Der Politiker suchte das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, demokratische Reformen voranzutreiben und sein Land der EU anzunähern. Seine Ermordung passiert nur ein Jahr nach dem Beginn des Prozesses gegen den ehemaligen Präsidenten Slobodan Milosevic, der wegen Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt wurde. Helfershelfer aus seinem Umfeld waren schon vorher an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag überstellt worden. Aber das Milosevic-Regime hält Serbien weiter im Griff. Regierung, Clans, Miliz und Staatssicherheit kämpfen um die Macht. Die Serie "Das Attentat - Geheimoperation Belgrad" setzt kurz vor der Ermordung Dindics ein und spannt ihr erzählerisches Netz, als der Ausnahmezustand ausgerufen wird und eine beispiellose Jagd nach den Hintermännern des Attentats beginnt - die "Geheimoperation Belgrad". Die achtteilige Serie ist eine Produktion des serbischen Fernsehens von 2024. Ausgezeichnet mit einem Spezialpreis für die beste darstellerische Leistung beim Festival Cannesséries, will sie keine Dokumentation der damaligen Geschehnisse sein, sondern deren Interpretation, wie es im Vorspann heißt. Es wirkt so, als würde sich Serbien mit diesem TV-Produkt nochmals vergewissern wollen, wie das Land durch das Attentat, seine Vorder- und Hintergründe durchgeschüttelt wurde. Arte bietet so einen tiefen Einblick in die chaotische Phase eines Landes, das nur selten in den Fokus der (west-)europäischen Öffentlichkeit gerät. Die Verdichtung und Übersetzung des Geschehens in der Serie schafft Atemlosigkeit, schraffiert in schnellem Auf und Ab, Gut und Böse sind unmissverständlich akzentuiert. "Das Attentat" ist komplex, aber nicht wirr, spannend, aber nicht überspannt. Für die Herausforderung, ein Gesellschaftsbild schlüssig zu individualisieren, brauchte es schon ein fünfköpfiges Autorenteam unter Führung der Showrunner Goran Stankovic und Vladimir Tagic, die auch jeweils vier Folgen inszeniert haben. Drei Stränge durchziehen die fast acht Stunden. Ihre Protagonisten sind die junge Journalistin Danica Mandic (Milica Gojkovic), die Kommissare Boris Rakic (Ljubomir Bandovic) und Ljuba Vasiljevic (Feda Stukan) sowie der Kleinkriminelle und Clan-Handlanger Uros Ristic (Lazar Tasic). In diesem Quadrat aus Medien, Regierung, Miliz und Mafia ist die pulsierende Handlung eingefangen, immer vorwärts getrieben von den Recherchen der Journalistin Mandic, die mehr wissen will als die Öffentlichkeit. Was sie recherchiert, und was die Kommisare Rakic und Vasiljev ermitteln, zeigt einen Staatsapparat, der viel korrupter ist als es scheint. Die Verflechtungen zwischen Politik, organisiertem Verbrechen und der paramilitärischen Spezialeinheit JSO gehen viel weiter - der Ungeist von Korrumpierbarkeit und Vetternwirtschaft, Gewalt und Erpressung hat sich tief in die serbische Gesellschaft hineingefressen. Doch weil zu viele von diesem System profitieren, wird es mit Zähnen und Klauen verteidigt. Und Uros Ristic verwickelt sich mehr und mehr in die Machenschaften eines kriminellen Clans, der hinter der Ermordung von Ministerpräsident Dindic steckt. Am Ende steht die große Frage: Was, wenn der Freund und Partner kein Freund und Partner ist? So sehr das Setting in der Realität verankert ist, so sehr bestechen die Inszenierung und darstellerische Leistung durch ihre ganz eigene Prägnanz. Die Figuren bewegen sich glaubhaft in ihrem Aktionskreis; nur gelegentlich öffnet sich dieser für Aktionismus. "Das Attentat - Geheimoperation Belgrad" ist selten "drüber", stattdessen will die Serie durch Nähe (Kamera: Aleksander Kosutic) und größtmögliche Authentizität überzeugen. Eine auf Wahrhaftigkeit geeichte Fiktion. Und über all dem liegt eine unverhohlene Trauer, wie schwer Recht und Gerechtigkeit in einem destruktiven System durchzusetzen sind. Milica Gojkovic, Dragan Micanovic, Ljubomir Bandovic, Feda Stukan und Lazar Tasic, die Namen der Schauspielerin und der Schauspieler werden dem deutschen Publikum wenig bis nichts sagen. Dabei haben sie etwas zu sagen, wenn sie die Thrillerserie "Das Attentat - Geheimoperation Belgrad" zum Sprechen und zum Strahlen bringen. Dem europäischen Kulturkanal Arte ist damit wieder einmal ein echter Programm-Coup gelungen.