Bonn (KNA) Die vertraute Welt kann ziemlich bedrohlich wirken, wenn man auf Insektengröße geschrumpft wurde. Ein weggeworfenes Hotdog wird zum Gebirge (und später zur wertvollen Nahrungsquelle), Grashalme zu mächtigen Bäumen, und von den Spinnen wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Nein, dieses Spiel ist nichts für Arachnophobiker, und auch nichts für alle, die sich schnell entmutigen lassen. Denn der Aufbau einer eigenen Basis mit Werkbank, Kochecke und anderen Annehmlichkeiten, die das Leben im Dschungel des örtlichen Parks erträglich machen, ist mühsam. Leichter fällt das im Koop-Modus mit menschlichen Mitstreitern. Und Teamplay ist auch genau das, was die Entwickler den Spielern bei der Neuauflage dieses Survival-Games zumuten. Der erste Teil von "Grounded" erschien 2022, da hatte er bereits eine zweijährige "Early Access"-Phase hinter sich. "Early Access" heißt, dass ein Spiel im noch unfertigen Stadium zum reduzierten Preis angeboten wird. Positiv betrachtet werden die Spieler zum Teil des Produktionsprozesses, negativ betrachtet zu unbezahlten Beta-Testern. So oder so spielen sie früher als alle anderen, können diskutieren, aktiv Änderungen anstoßen und sich als Teil einer Kreativgemeinschaft fühlen. Genau da setzt auch "Grounded 2" an, das für etwa die Hälfte des Preises, das ein solches Game sonst kosten würde, als Vorab-Version erschienen ist. Marktreif ist sie wohl erst in zwei bis drei Jahren. Die Handlung von "Grounded 2" nimmt diesen Faden sehr geschickt auf. Denn zu Beginn erwacht die Spielfigur, die man selbst anfangs aus zwei männlichen und zwei weiblichen Charakteren gewählt hat, in einem Labor. "Offenbar wurde ich schon wieder geschrumpft", erklärt sie in einem inneren Monolog, aber ohne darüber allzu verzweifelt zu klingen. Doch aus dem Vorstadtgarten ist nun ein ganzer Park geworden, wieder muss man ganz von vorn anfangen, und das heißt: improvisieren. Nahrung und Rohstoffe sammeln, Werkzeuge und Waffen entdecken und bauen, lernen, wo man Tautropfen sammeln kann, um nicht zu verdursten, und dass man sich besser nicht mit den majestätisch dahinstampfenden Marienkäfern anlegt. Wichtigster Treibstoff bleibt aber das, was das Spiel sehr schön "Rohwissenschaft" nennt. Denn ohne sich einen Gegenstand per Analyse im wahrsten Sinne des Wortes angeeignet zu haben, kann man ihn weder herstellen noch benutzen. Dafür und für andere Entdeckungen gibt es Wissenschaftspunkte, mit denen man seine Möglichkeiten nach und nach erweitert. Im Grunde ist also alles weitgehend wie im ersten Teil. Doch hier und da gibt es Neuerungen, deren Tragweite erst mit der Zeit deutlich wird. Zum Beispiel die "Multitools", zu verschiedenen Zwecken einsetzbare Werkzeuge, die einem das Leben in der Wildnis etwas leichter machen. Das Kampfsystem wurde erweitert und erfordert nun deutlich mehr Timing und Strategie. Ameisen und Spinnen kann man zähmen und als Reittiere einsetzen, schließlich hat man nun auch größere Strecken zurückzulegen. Wildwest im Stadtpark sozusagen. Dazu kommt, dass sich die Künstliche Intelligenz der Insektenwelt merklich verbessert hat. Wespen reagieren auf Geräusche, Spinnen patrouillieren durch ihr Areal, und Ameisen dulden einen so lange in ihren Höhlen, bis man ihren Larven zu nahe kommt. Wird man besiegt, bleibt das gesamte Gepäck am Ort der Niederlage zurück. Nun muss man sich gut überlegen, ob sich eine Rettungsaktion lohnt oder nicht. Das kann ziemlich frustrierend sein und man glaubt, dass sich der ganze Park gegen einen verschworen hat. Hinzu kommen - Stichwort "Early Access" - technische Probleme und öfter auch mal ein Abriss der Verbindung zu den Mitspielern. Gleichzeitig bringt einen jeder Fehltritt auch weiter. Man lernt, die positiven und negativen Zeichen der Spielwelt zu lesen und sich darauf vorzubereiten. Eine weitere Erkenntnis ist, dass im Team alles leichter von der Hand geht. Und dass man sich das, was man Zuhause nennt, immer wieder selbst erarbeiten muss. Hersteller/Entwickler: Xbox Game Studios/Obsidian Altersempfehlung: Der erste Teil wurde von der USK ab 12 Jahren freigegeben. Die auf Steam für "Grounded 2" kommunizierte Freigabe ab 6 Jahren ist Unfug. Für so junge Spieler ist das Spiel viel zu komplex, die Atmosphäre wirkt trotz der comichaften Spielwelt mitunter sehr bedrohlich. Die Kämpfe zur Verteidigung und Nahrungsbeschaffung sollten ebenfalls nur Jugendlichen mit einer gewissen Medienerfahrung zugemutet werden. Mehrspieler: ja Sprache: Bislang nur englische oder französische Sprachausgabe und einstellbare Bildschirmtexte (unter anderem Deutsch) Plattform: PC, Xbox X/S Preis: ca. 30 Euro; kostenlos im Xbox Game Pass Alternativen: "Enshrouded" (Keen Games GmbH, für PC) ist ein Open-World-Survivalspiel mit Rollenspiel-Einschlag für bis zu 16 Spieler. Es eignet sich als Alternative für alle, die das Comic-Setting von "Grounded" stört und die Fantasy bevorzugen. "Raft" (Redbeet Interactive, für PC) hat einen sehr originellen Ansatz: Hier startet man auf einem Floß mitten im Ozean, kämpft gegen Haie und erschafft immer komplexere maritime Welten. Für beide Spiele sollte man eine Altersgrenze ab 12 Jahren setzen. "Shadow Labyrinth" beruht auf dem "Metroidvania"-Prinzip: In den verzweigten Katakomben des namensgebenden Labyrinths muss man geheime Zugänge entdecken und sich gegen allerlei Feinde zur Wehr setzen. Neue Fähigkeiten eröffnen den Zugang zu weiteren Bereichen, wie es die "Castlevania"-Reihe vorgemacht hat. Hauptcharakter ist ein "Schwertträger Nummer 8", dessen Anonymität eine Projektionsfläche der Fantasie bietet. Neben dem Schwert trägt er einen Spezialhandschuh, der anfangs nur dem Erklimmen von Wänden dient. Nach und nach wird das Kampf- und Bewegungsrepertoire erweitert. Das führt zu anspruchsvollen Kämpfen, bei denen Geschick und Timing gefordert sind. Das ist gegen Standardgegner noch einfach, gegen Bosse muss man deren Angriffsmuster studieren, um siegreich zu sein. Und die treten hier sehr häufig auf den Plan. Die Grafik wirkt anfangs etwas spröde, gefällt aber mit einem kunstvoll reduzierten Stil. Skurril wird es, wenn die Hauptfigur sich in ihren Begleiter, einen fliegenden gelben Roboter namens Puck verwandelt. Dieser rollt an Wänden und Decken entlang und erinnert so an Pac-Man. Vorbildlich dürfte aber die sich in eine Kugel verwandelnde Heldin Samus aus der "Metroid"-Reihe von Nintendo sein, die sich neben "Castlevania" im Genrenamen "Metroidvania" wiederfindet. Die Speicherpunkte sind zwar fair, und auch sonst gibt es einige oft erst zu entdeckende Hilfsmittel. So darf man bisherige Errungenschaften nach Ableben und Neustart behalten. Solche Hilfen hat "Shadow Labyrinth" auch nötig, denn das Game ist teilweise extrem schwer. Schade, dass sich nicht wenigstens der Schwierigkeitsgrad anpassen lässt. Wer die Herausforderung sucht, bekommt viel Spiel für schmales Geld. Game-Infos: "Shadow Labyrinth", Bandai Namco, für PC, PS5, Xbox Series X/S, Switch 1&2, ab 12 Jahren, ca. 30 Euro.