Straßburg (KNA) Zum dritten Mal trägt Zhana ein Kind für eine andere Familie aus, gegen Bezahlung. Kommerzielle Leihmutterschaft ist in Georgien legal. Als "natürliche Inkubatoren" bezeichnet man hier Mütter, die ihren Bauch für andere vermieten. Wie Zhana leben solche Frauen allerdings zurückgezogen, denn die im Volksmund despektierlich als "Kinderverkäuferinnen" verspotteten Leihmütter genießen gesellschaftlich kein sehr hohes Ansehen. Wie also geht es einer Frau, die sich auf dieses prekäre Geschäft einlässt? Davon handelt die Langzeitbeobachtung von Ketevan Vashagashvili. Seit einem Jahrzehnt kennt die georgische Regisseurin ihre Protagonistin, die sie über einige Jahre hinweg mit der Kamera begleitet. Zhana wuchs im Waisenhaus und auf den Straßen von Tiflis auf. Sie war selbst noch ein Teenager, als sie ihre Tochter Elene zur Welt brachte. Aufgrund ihrer Obdachlosigkeit fand sie keinen Job. Um die Tochter als Alleinerziehende durchzubringen, ließ sie sich mehrfach auf das Geschäft mit der Leihmutterschaft ein. Das Austragen eines Kindes für eine andere Familie bringt ihr umgerechnet 12.000 Euro ein. Dass der Betrag in etwa dem Jahresgehalt eines gut verdienenden Arbeitnehmers in Georgien entspricht, macht der Film zwar nicht deutlich. Die Langzeitbeobachtung richtet jedoch den Fokus auf jene zahlreichen, kaum vorstellbaren Probleme, in die Zhana während ihrer Mietschwangerschaften verwickelt wird. Da die Dokumentation Off-Kommentare nur dosiert einsetzt, werden diese Probleme nicht explizit erklärt. Sie werden indirekt aus der jeweils beobachteten Situation heraus geschildert. So begleitet die Kamera einmal die hochschwangere Zhana, der es nicht gut geht, bei einem Krankenhausbesuch. Die behandelnde Ärztin ist beunruhigt über den Zustand der Patientin. Sie telefoniert mit jener Agentur, die die Leihmutterschaft vermittelte. Deutlich wird dabei, dass ein Medikament, das die Ärztin Zhana verschrieben hat, von der Agentur gar nicht an die Patientin weitergereicht wurde. Diese korrupte Geschäftemacherei mit bereits verschriebenen Medikamenten, die nebenbei verhökert werden, ist aber nur eines jener existenziellen Probleme, mit denen Zhana sich tagtäglich herumschlägt. Kommerzielle Leihmutterschaft, so verdeutlicht der Film nach und nach, ist in Georgien zwar legal. Das Geschäft ist allerdings kaum reguliert. Es gibt daher viele Grauzonen, die für betroffene Frauen höchst unangenehme Folgen haben können. So trägt Zhana einmal ein Kind ohne schriftlichen Vertrag aus. Das Geld wird ihr am Tag der Niederkunft im Krankenhaus per Umschlag zugesteckt. Damit nicht genug: Entgegen der Absprache setzt der Kindsvater seine Kundin massiv unter Druck. Für ihn wäre es vorteilhafter, wenn Zhana keine Leihmutter wäre. Sie soll es so aussehen lassen, als ob sie ein Paar wären. "Ich sollte die Anwälte der Klinik mit je 1000 Dollar bestechen, damit sie nicht sagen, dass ich nur die Leihmutter bin". Während sich immer neue Schwierigkeiten abzeichnen, konzentriert sich die Dokumentation auf Zhanas liebevoll behütenden Umgang mit ihrer aufgeweckten Teenager-Tochter. Diesem Kind will sie eine bessere Zukunft ermöglichen. In fast jedem der alltäglichen Gespräche hebt die Mutter hervor, wie wichtig es sei, dass ihr Kind eine Ausbildung macht. Richterin soll sie werden. "Ich werde all deine Träume verwirklichen", erklärt das Mädchen mit Tränen in den Augen. Man spürt den Druck auf den Schultern der Tochter. Obwohl Zhana zunächst versucht, ihre Leihmutterschaft vor ihr geheim zu halten, bekommt die Tochter zwangsweise mit, welche Qualen die Mutter sich ihretwegen aufbürdet. Bei zwei dieser beauftragten Geburten ist die Kamera zugegen. Der Film begleitet Zhana bis zum Ende ihrer dritten und letzten Leihmutterschaft. Dabei kommt es zu Komplikationen, unter anderem aufgrund ihrer mehrfachen Kaiserschnitte. Ein Chirurg muss ihre Gebärmutter entfernen. Zwischendurch erklärt Zhana beiläufig, man habe ihr 28.000 Euro für ihre Niere geboten. Angesichts des angeschlagenen Gesundheitszustandes der 29-Jährigen würde ihr ein solches Geschäft wohl "zehn Jahre" ihrer Lebenszeit kosten. Der Film überzeugt dank seiner großen Nähe zu seiner Protagonistin, die aber stets mit Respekt beobachtet wird. Der Fokus auf die enge Mutter-Kind-Beziehung verdeckt allerdings auch systemische Probleme, die mit der Thematik untrennbar verknüpft sind. Nicht erwähnt wird beispielsweise, dass in Georgien jährlich mehr als Tausend Kinder durch Leihmutterschaft zur Welt kommen. Die Kunden stammen überwiegend aus dem Ausland. Da bekanntlich auch zahlreiche Prominente, darunter Elton John, Robert De Niro oder Nicole Kidman, Leihmütter engagierten, gilt diese Form der Familienplanung als progressiv und emanzipatorisch. Leihmutterschaft, so ein Argument, könne als Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung betrachtet werden, weil sie auch Menschen, die traditionell von Elternschaft ausgeschlossen waren (zum Beispiel homosexuelle Paare oder alleinstehende Männer), Zugang zu biologischer Elternschaft bietet. Diese Thematik wird in Ketevan Vashagashvilis Film zwar nicht angesprochen. Dennoch verdeutlicht der Film, dass Argumente für Leihmutterschaft nur dann überzeugen, wenn das Geschäft geregelt ist. Dagegen zeigt die Dokumentation "Mutter unter Vertrag" die Schattenseiten jener Leihmutterschaft, die - wie in Georgien - völlig unreguliert ist. Dabei macht der Film spürbar, was es heißt, wenn eine Frau gnadenlos auf ihre rein biologische Funktion reduziert wird. Nämlich darauf, nichts als eine "natürliche Inkubatorin" zu sein.