200 Jahre Börsenverein - Datenklau durch KI großes Thema

Von Christoph Arens (KNA)

VERLAGE - Gerade hat er seinen 200. Geburtstag gefeiert. Jetzt wählt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine neue Führungsspitze. Großes Thema in der Branche wie bei allen Medien ist das Urheberrecht, das durch KI bedroht wird.

| KNA Mediendienst

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200 Jahre Börsenverein des Buchhandels

Foto: ./Börsenverein des Deutschen Buchhandels/KNA

Frankfurt (KNA) Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels bekommt eine neue Führungsspitze. Weil die amtierende Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs (64) nach zwei Amtsperioden nicht erneut antreten kann, entscheidet eine digitale Hauptversammlung am 30. September darüber, wer die Interessenvertretung der Buchbranche ab Herbst führen wird. Schmidt-Friderichs, Verlegerin des Verlags Hermann Schmidt in Mainz, steht seit 2019 an der Vereinsspitze. Im Frühjahr hatte der Börsenverein seinen 200. Geburtstag gefeiert. Unter seinem Dach arbeiten Verlage, Buchhandlungen und Zwischenbuchhandel zusammen. Ende 2024 waren im Börsenverein 3.806 Unternehmen Mitglied. Um das Amt des Vorstehers bewerben sich zwei Kandidaten: Der Berliner Verleger Sebastian Guggolz (43) vertritt eher die jüngere Generation, wäre aber zugleich wieder ein Vertreter der Verleger an der Spitze. Der Zwischenbuchhändler Stefan Könemann (62) aus Hagen hatte bereits 2019 für das Amt des Vorstehers kandidiert, war aber Schmidt-Friderichs knapp unterlegen. Der Jurist verweist auf seine breite Erfahrung als Unternehmer, aber auch als früherer Vorstand des Landesverbandes NRW im Börsenverein. Guggolz, geboren 1982 am Bodensee, studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Volkskunde in Hamburg. Nach einigen Jahren als Lektor bei Matthes & Seitz gründete er 2014 in Berlin seinen eigenen Ein-Mann-Verlag, in dem er Neu- und Wiederentdeckungen vergessener Klassiker aus Nord- und Osteuropa in neuer Übersetzung herausgibt. Seit 2022 ist er auch Teamleiter Klassiker des S. Fischer Verlags. Seine Kandidatur begründet Guggolz in Interviews mit dem "Börsenblatt" und dem Magazin "BuchMarkt" damit, dass eine Phase einschneidender Veränderungen auf den Buchmarkt zukomme. Er wolle dafür sorgen, dass die Branche stabil bleibt. "Und dafür schließe ich auch staatliche Förderungsprogramme explizit nicht aus." Gerade die Situation der unabhängigen Buchhandlungen und Verlage sei schwierig, sagte er. Die Vielfalt der Branche sollte "uns als Gesellschaft und der politischen Sphäre etwas mehr wert sein als die fundamental wichtigen indirekten Förderungen durch reduzierten Steuersatz und die überlebensnotwendige Buchpreisbindung". Als große Probleme der Branche bezeichnete Guggolz eine "zunehmende Monopolisierung und Überbürokratisierung unseres Alltags". Große Bedeutung misst er auch der Leseförderung bei. Die bestehenden Programme des Börsenvereins müssten ausgebaut werden. Der Logistiker Könemann ist Geschäftsführer der Barsortiment Könemann Vertriebs GmbH mit Sitz im westfälischen Hagen. Er verweist auf einen hohen wirtschaftlichen Druck, der auf der Buchbranche laste. "Denken Sie an Steuern, Abgaben, Mindestlöhne, Maut und so weiter." Bei staatlicher Förderung ist er skeptisch. Die Branche solle sich nicht von der jeweiligen Regierung abhängig machen, sagte er dem "Börsenblatt". Deshalb will der Jurist Allianzen mit anderen Wirtschaftsverbänden schließen "gegen einen Raubzug amerikanischer Großunternehmen auf urheberrechtlich geschützte Werke, um deren KI zu trainieren. Solche massiven Urheberrechtsverletzungen hat es in der Geschichte bisher nicht gegeben." Den Diebstahl geistigen Eigentums durch KI hatten zuvor auch Schmidt-Fridrichs und Jo Lendle, Verleger des Hanser Verlags, im Magazin "Politik & Kultur" als zentrales Thema benannt. KI eröffne Chancen, bedrohe aber auch die Grundlagen des Publizierens, schrieb Schmidt-Friderichs. "Wenn Maschinen ohne Zustimmung und ohne Vergütung auf Texte zugreifen, die urheberrechtlich geschützt sind, dann entsteht ein System, das sich an geistigem Eigentum bedient, ohne es zu würdigen." Deshalb brauche es politische Regelungen, die Kreativität schützen. Lendle sprach von "einem der frechsten Raubzüge der Menschheitsgeschichte. Die KI klaut mit einer Schamlosigkeit, die einem die Schamesröte ins Gesicht treibt". Das gelte für ChatGPT wie für DeepSeek, für Apples AI ebenso wie für Googles Gemini. Mit Blick auf die Zukunft des Buchs betonte Schmidt-Friderichs, die Lage auf dem Buchmarkt sei angespannt. Zwar könne die Branche ihre Umsätze halten, doch auch sie habe gegen die allgemeine Kaufzurückhaltung und Verunsicherung anzukämpfen. Dennoch genieße das Buch weiterhin hohes Ansehen. "Wir beobachten, dass sich verstärkt wieder junge Menschen fürs Buch begeistern." Über 25 Millionen mit dem Hashtag #Booktok empfohlene Bücher seien 2024 in Deutschland verkauft worden, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Mit großer Sorge betrachtet die Verlegerin demgegenüber eine "zunehmende Leseschwäche bei Grundschulkindern, aber auch bei Jugendlichen und Erwachsenen". Daraus ergebe sich mangelndes Leseverständnis mit schlechteren Bildungs- und Berufschancen. "Deshalb fordern wir von der Politik dringend echtes Engagement in Sachen Lese- und Bildungsförderung!"

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