Warum Frauen die stillen Sieger sind - "Oktoberfest 1905" ist eine ARD-Serie über Liebe, Macht und Bier

Von Barbara Just (KNA)

SERIE - Ein Tanz mit dem Teufel: Die Fortsetzung der Wiesn-Saga für das Erste überzeugt erneut. Das liegt an der großartigen Schauspielerriege und deren undurchschaubaren Charakteren. Ein Prosit auf die Spannung!

| KNA Mediendienst

alt

"Oktoberfest 1905"

Foto: Stephan Pick/Jochem Wahl/BR/MDR/ARD Degeto/Zeitsprung/KNA

München (KNA) Als in München 2020 wegen Corona das Oktoberfest abgesagt werden musste, gab es zumindest einen kleinen Ersatz: Das Erste brachte eine an historischen Gegebenheiten angelehnte Event-Serie zum größten Volksfest der Welt heraus, die zurückführte in die Zeit von 1900. Im Mittelpunkt stand der aus Nürnberg stammende Aufsteiger Curt Prank (Misel Maticevic), der mit Tochter Clara (Mercedes Müller) nach München zog, um sich seinen Traum von einer "Bierburg" für 6.000 Gäste auf der Wiesn zu erfüllen. Jedes Mittel war ihm recht. Wie es mit ihm und den anderen Figuren weiterging, erzählt nun die Fortsetzung "Oktoberfest 1905". Alle vier Folgen laufen zum Wiesn-Start am 20. September ab 20.15 Uhr im Ersten. Regten sich vor fünf Jahren die Wiesn-Wirte noch auf und sprachen von "Rufschädigung", so blieb bisher alles ruhig. Im Juli, auf dem 43. Filmfest München, gab es sogar schon den mit 25.000 Euro dotierten Bernd-Burgemeister-Fernsehpreis für die Produktion, die dieses Mal nicht sechs, sondern vier Teile von je 45 Minuten umfasst. Regie führte Stephan Lacant, fürs Drehbuch war federführend Ronny Schalk verantwortlich, der mit Alexis Wittgenstein auch die Idee entwickelt hat. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erwartet wiederum eine Riege erstklassiger Schauspieler und vor allem Schauspielerinnen. Neu dabei ist Lisa Maria Potthoff, die als "Nappi" im Wirtshaus "Deutsche Eiche" das Sagen hat. Dort taucht nach der Entlassung aus dem Gefängnis das einstige Biermadl Colina Kandl (Brigitte Hobmeier) auf. Obwohl sie ihren brutalen Mann mit Clara zusammen umgebracht hatte, saß Kandl allein die Strafe ab. Nun versucht sie nach all dem Leid einen Neuanfang. In dem Etablissement gelingt ihr dieser für kurze Zeit mit einer bunten Künstlertruppe als Sängerin mit wallendem roten Haar samt geheimnisvoller Maske. Ihr Auftritt mit dem Lied "Deifedanz" (von der Band "Dreiviertelblut" aus dem Jahr 2013) könnte fulminanter nicht sein. Denn ein Tanz mit dem Teufel, was dieser bayerische Titel bedeutet, ist nicht nur ihr Leben, sondern auch jenes der Familien Prank und Hoflinger geworden. Mit der Hochzeit von Roman Hoflinger (Klaus Steinbacher) und Clara Prank kam es zur Fusion mit dem Münchner Deibel Bräu. Die Bierburg des fränkischen Aufsteigers wurde Wirklichkeit, weil er damit ein Münchner Traditionsbier ausschenken konnte, das auf dem Oktoberfest verlangt wird. Fürs Geschäft opferte Roman seine Mutter Maria (Martina Gedeck) und ließ diese in die Psychiatrie wegsperren. Der Konkurrenzkampf zwischen ihm und seinem Schwiegervater geht derweil weiter. In Chicago hofft das junge Paar, zerrieben vom Geschäft, mit seinen zwei Kindern ein neues Leben beginnen zu können. Doch der alte Prank macht den jungen Leuten einen Strich durch die Pläne. Das für die Auswanderung nötige Geld hat er in eine gigantische Wiesn-Attraktion gesteckt: eine Bierburg, um die herum eine Achterbahn für Vergnügen sorgen soll. Am Ende geht alles in Flammen auf - ein Geldgeber wird gesucht. Roman glaubt, die Familienbrauerei retten zu können, indem er mit Capital Bräu fusioniert. Prank ist dagegen. Lieber holt er seine Todfeindin Maria aus der Psychiatrie und lässt ihre Entmündigung aufheben, um das Vorhaben zu unterbinden. Maticevic spielt diesen mit allen Wassern gewaschenen Geschäftsmann einfach überzeugend. Nicht einmal die bei ihm diagnostizierte tödliche Krebserkrankung hält ihn auf: "Ich akzeptiere keine Niederlage", sagt er zum Arzt. Brutal kann auch die undurchschaubare Maria sein. Mit unglaublicher Willenskraft hat diese Frau das "Irrenhaus" überstanden, um auf den Zeitpunkt zu warten, zu dem sie ihren Rachefeldzug antreten kann. Die Serie zieht das Publikum erneut in Bann, weil die Protagonisten nicht einschätzbar sind und immer neue Wendungen für Überraschungen sorgen. Die Männer messen auf archaische Weise in Duellen ihre Kräfte - wirklich stark aber sind die Frauen. Oft gedemütigt, dennoch selbstbewusst verfolgen sie subtil ihre Ziele. Mal gelingt es ihnen, mal weniger. Mal im Miteinander, mal im Gegeneinander. Auf alle Fälle sollten sie nicht unterschätzt werden. Die Geschichten sind frei erfunden, und doch haben sich die Macher von der Historie inspirieren lassen. Erzählt wird etwa, wie das "Hippodrom", einst ein Oktoberfestzelt mit Pferdereitbahn, seinen Weg auf die Wiesn fand. Auch die 1864 erbaute legendäre "Deutsche Eiche" im Münchner Gärtnerplatzviertel kommt zu Ehren. Dort verkehrte, wie der Film zeigt, schon immer ein buntes Völkchen - nicht erst, als "Queen"-Sänger Freddie Mercury oder Filmemacher Rainer Werner Fassbinder das Haus in den 1980er Jahren für sich entdeckten.

Lesen Sie weiter auf www.KNA-News.de