Trier (KNA) Als vor zwei Wochen der Tod von Robert Redford bekannt wurde, war in nahezu jedem Nachruf auch die Erinnerung an "Die Unbestechlichen" enthalten. Wie viele Zuschauer mögen wohl mitrecherchiert und durch den Newsroom mitgerannt sein, als zwei Journalisten hinter einer mysteriösen Einbruchsserie einen Skandal identifizierten, der das damalige Amerika erschütterte. An der Seite von Dustin Hoffman als Carl Bernstein verhalf Redford in der Rolle von Bob Woodward dem Journalismus zu neuer Bewunderung. "Die Unbestechlichen" ließ die Filmkritik von einem "Kulturphänomen" sprechen: ein Dokumentarspiel, das keine Nebentätigkeiten zuließ. Die Aufdeckung des Watergate-Skandals durch das Reporterteam der "Washington Post" wurde zu einem Synonym für investigativen Journalismus. Die Dramaturgie des Films leistet zugleich eine gekonnte Mischung aus Reellem und leicht Übersteigertem. Ein Hauch von Realitätsverlust wird akzeptiert. Trotz ernstem Hintergrund "erfreut" man sich an der Geschichte. Es erinnert an eine Beobachtung, die Goethe bereits im 19. Jahrhundert in "Dichtung und Wahrheit" so formulierte: "Das wirkliche Leben verliert oft dergestalt seinen Glanz, dass man es manchmal mit dem Firnis der Fiktion wieder auffrischen muss." Geschichten dieser Art leben von einer Personalisierung von Machtverhältnissen, die häufig als amorph erlebt werden. Das Undurchsichtige bekommt ein Gesicht, das "Hinter-die-Kulissen-Schauen" weckt Erinnerungen an David und Goliath, die Beziehung zu den Akteuren bekommt eine parasoziale Komponente. In diesem Fall eine Zustimmung, die emotional durchdrungen ist und fast vergessen lässt, dass man als Zuschauer gar keinen Einfluss hat. Insofern spiegelt dieses bahnbrechende Ereignis nicht nur wider, welche Hürden zwischen den Gepflogenheiten einer Arkanpolitik und dem Verlangen nach Öffentlichkeit stehen. Es zeigt eben auch, welche Nachrichtenwert-Kriterien dafür sorgen, dass ein "High Holidays of Mass Communication"-Gefühl aufkommt. Diese Formulierung verwendeten die Kommunikationswissenschaftler Daniel Dayan und Elihu Katz, um an das Außeralltägliche im täglichen Ritual der Mediennutzung zu erinnern. Man denke an die kniefällige Abbitte, die das englische Parlament im 18. Jahrhundert von Journalisten vor der Parlamentsschranke verlangte. Auf dem langen Weg des Entfallens solcher Zugangshürden hat der Journalismus viele Gesichter erhalten. Er war nicht nur der diskursive Assistent einer sich emanzipierenden Öffentlichkeit, er verhalf nicht nur dem gut informierten Bürger zu einer Beurteilungsgrundlage zu Themen, die sich jenseits seiner Nahwelt abspielten. Er wurde zugleich eben auch zu einem Geschäftsfeld mit großer Konkurrenz, auch innerhalb der jeweiligen Redaktionen. Das haben Filme, die den kritischen Journalismus in ihr Zentrum rückten, immer auch miterzählt. Man denke etwa an "State of Play" mit Russell Crowe oder an die deutsche Produktion zur Barschel-Affäre ("Der Fall Barschel"). Für die 1960er und 1970er Jahre gelten die Veröffentlichung der Pentagon Papers und die danach ebenso spektakuläre Aufdeckung der Watergate-Affäre als Wegmarken, die den amerikanischen Journalismus nachhaltig beeinflusst haben. Als symbolische Phänomene stehen sie für das Spannungsverhältnis zwischen Regierung, insbesondere des Präsidenten, und Medien. Das Misstrauen in die Indochina-Politik der amerikanischen Regierung erreichte mit der Veröffentlichung dieser Papiere ihren Höhepunkt. Vorausgegangen waren jedoch keineswegs von Beginn an klar erkennbare Strategien auf beiden Seiten: Die Veröffentlichung der Pentagon Papers zeigt des Weiteren, dass Journalismus nicht nur die schreibende Zunft, sondern Herausgeber und ihre Netzwerke meint. Von Interdependenzen zu sprechen, macht die Sache nicht klarer, weist aber auf die Kräftefelder hin, die sich um ein solches Ereignis aufbauen. Gatekeeping heißt dann nicht nur den Blick auf die Rolle einer bestimmten Person zu richten, sondern auf das organisatorische und gesellschaftliche Umfeld. Zu diesem gehört auch, dass Woodward und Bernstein ihr Buch zu Watergate erst schrieben, nachdem Redford Interesse an den Filmrechten bekundete und im Anschluss mit dafür sorgte, dass nicht nur die Fakten über den Skandal an sich, sondern auch die Recherche und die Arbeit der Journalisten ins Zentrum der Geschichte rückten. Die cineastische Umsetzung erzählt das mit, steigert aber zugleich das Heldenhafte. Alles, was wir über diese Welt wissen, setzt sich eben aus verschiedenen Erzählweisen und Wahrnehmungsformen zusammen. Immer ist dabei der Drang nach Unabhängigkeit und Wahrheit zu spüren. Am Ende bleibt wie bei den meisten Thrillern vieles offen. Denn die Hinterbühne gibt nicht alles preis, ohne Rätsel bleibt die Angelegenheit zu offensichtlich. So gilt für dieses Genre eine Beobachtung mit, die der Soziologe Dirk Baecker über die "vierte Gewalt" einmal so gefasst hat: "Wir wären froh, wenn wir wüssten, dass und wie die Manipulation funktioniert. Wir wären froh, wenn wir wüssten, dass und wie hier tatsächlich jemand die Hände im Spiel hat." Angesichts der jüngsten Entwicklungen im Journalismus, gerade in den USA, wundert man sich eher über die Direktheit des Eingriffs in die Unabhängigkeit des Journalismus. So offensichtlich ist die Artikulation von Geschäftsinteressen und Themenprioritäten geworden, dass das Denkmal, das Carl Bernstein und Bob Woodward für die "Washington Post" gesetzt haben, Teil einer Erinnerungskultur wird, die mehr und mehr in der Vergangenheit schwelgt. Die Veränderung des gesellschaftlichen Umfelds und der Geschäftsmodelle, die den Journalismus längst nicht nur in den USA bestimmen, ändern aber nichts an seinem Auftrag. Wenn man in die Fläche dieses großen Landes schaut, zeigen sich die erschwerten Rahmenbedingungen noch von einer anderen Seite. Journalistische Angebote beschreiten nicht mehr den Traditionsweg durch die Druckmaschine. Städte und Regionen nehmen zu, in denen es keine Lokalzeitung mehr gibt. Das Anzeigengeschäft ist stark rückläufig und kann durch Leistungen, die hinter einer Bezahlschranke liegen, finanziell nicht kompensiert werden. Verlagshäuser geraten unter Druck, die Medienkonzentration steigt. Und wie die "Washington Post" unter ihrem Eigentümer Jeff Bezos zeigt, sind auch die Ikonen der Branche nicht vor dem Einknicken vor politischen Opportunitäten gefeit. Der Watergate-Komplex liegt in direkter Nachbarschaft des Kennedy Center in Washington, D.C. US-Präsident Donald Trump sagte dort im Februar 2025: "Wir haben das Kennedy Center übernommen. Uns gefiel nicht, was sie dort zeigen." Diese Direktheit scheint wenig von Hinterbühne zu haben. Es gehört wohl in die Rubrik "Verstecken durch Zeigen". Man darf gespannt sein, ob in diesem Umfeld das Heldenhafte, das "etwas aufs Spiel setzen" noch belohnt wird. Wer weiß schon, welche Karten hier offengelegt werden. Trump jedenfalls hat nicht nur angekündigt, dass er gegen seine Kritiker - auch und gerade in den Medien - hart vorgehen will. Er tut es auch. Von daher erweist sich auch der amerikanische Originaltitel von "Die Unbestechlichen" als Zeichen. Er lautet "All the President's Men".