Bari Weiss und ihr großer Deal - Das US-Network CBS schwenkt unter neuer Leitung auf Trump-Kurs

Von Thomas Schuler (KNA)

USA - Bari Weiss kritisiert seit Jahren traditionelle Medien und verkündet ihren Niedergang. Jetzt wird sie Chefredakteurin bei CBS News. Und die erste große Personalie des neuen CBS-Eigentümers Skydance lässt noch Schlimmeres befürchten.

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Bari Weiss wird Chefredakteurin von CBS News

Foto: Billy Tompkins/Imago/KNA

New York (KNA) Als die Journalistin Bari Weiss am Montag den Abonnenten ihres Startups The Free Press mitteilte, dass ihr Online-Nachrichtenportal von Paramount übernommen wird und sie Chefredakteurin bei CBS News wird, war das nur der erste Schritt zum Umbau des US-Networks. CBS gehört wie Paramount seit Juli zu Skydance, und Skydance-Chef David Ellison macht keinen Hehl daraus, dass er im Rahmen des Acht-Milliarden-Dollar-Deals sein Unternehmen zum zweiten konservativen Medienriesen neben Fox News aufbauen will. Dafür begibt er sich ganz auf die Linie von US-Präsident Donald Trump. Doch das ist erst der Anfang. Laut US-Branchenkreisen beabsichtigt Skydance, auch den Medienkonzern Warner-Discovery zu kaufen. Damit käme dann auch der Trump-kritische und beim Präsidenten geradezu verhasste Nachrichtensender CNN in den Einflussbereich der MAGA-Mogule. Trump will David Ellison darüber hinaus noch gemeinsam mit Fox-Eigentümer Lachlan Murdoch die Lizenzen für den Betrieb des amerikanischen Tiktok zukommen lassen. David ist der Sohn des Trump ebenfalls nahestehenden Mitbegründers der Softwarefirma Oracle, Larry Ellison, der aktuell als reichster Mann Amerikas noch vor Elon Musk gilt. Die Wahl von Bari Weiss als neue CBS-Chefredakteurin passt da perfekt ins Bild. Sie schreibt seit langem über große (Medien-)Institutionen und deren Niedergang. Beispiel "New York Times" (NYT). Dort hatte die heute 41-Jährige 2017 in der Meinungsredaktion angeheuert, weil das liberale Blatt nach dem ersten Wahlsieg von Donald Trump ihr Spektrum um eine konservative Stimme erweitern wollte. Für sie sei das ein Job gewesen, "von dem ich immer träumte", so Bari Weiss. Aber es sei nicht mehr die "NYT" gewesen, von der sie geträumt habe. Das Blatt sei vielmehr nur noch "ein schickes Logo und Motto", gekennzeichnet durch enge, parteiische Ideen. Als sie 2020 öffentlichkeitswirksam kündigte, schrieb sie "NYT"-Verleger A. G. Sulzberger einen offenen Brief und warf ihm vor, er habe zugelassen, dass Leute wie sie wegen unbeliebter Meinungen in der "NYT" gemobbt würden. Auch die großen Buchverlage und Filmstudios hätten keine wichtigen Debatten mehr angeführt; diese seien auf andere, "alternative" Medien-Plattformen abgewandert. Deshalb habe sie gekündigt. Fünf Jahre danach schreibt Weiss, nun sei erst recht klar, dass die "Mainstream-Medien" versagt hätten. Dank Influencern und unabhängigen Stimmen habe "eine Explosion" stattgefunden. "Das ist ein aufregender, faszinierender Moment", so Weiss. Doch extreme Linke wie Rechte repräsentierten nicht die Mehrheit der Amerikaner, schreibt Weiss, sie hätten aber zunehmend die Macht in Politik, Kultur und Medien übernommen. Mit solchen Worten positioniert sich Bari Weiss geschickt in der Mitte der Gesellschaft - als Sprachrohr der "normalen" Amerikaner. Ihre Kündigung war eine aus ihrer Sicht geschickte Marketing-Maßnahme. Nach ihrem Weggang bei der "NYT" startete Bari Weiss einen Newsletter, daraus entwickelte sie The Free Press (FP) mit Podcasts, Newslettern - und Partys. Die Events heißen "The Freedom Debates" oder "The America Debates" - immer nach dem FP-Motto "The Free People". In nur vier Jahren zog das rund 1,5 Millionen Abonnenten an, die monatlich zehn Dollar zahlen. Für die Redaktion arbeiten mittlerweile rund 50 Personen an verschiedenen Standorten. Weiss schreibt, der FP-Verkauf an Paramount sei nun die "Chance ihres Lebens", die Zahl der Abos nochmal deutlich zu erhöhen. Inhaltlich attackiert Weiss mit The Free Press eine von ihr wahrgenommene links-woke Identitätspolitik, die sie bei Medien wie der "NYT" und dem öffentlich-rechtlichen National Public Radio verortet. Zum Lager der Trump-freundlichen Tech-Milliardäre hat sie gute Kontakte: Peter Thiel war schon Gast in ihrem Podcast; als Amazon-Gründer Jeff Bezos in Venedig heiratete, war sie eingeladen. Allerdings hat Weiss, die auch schon in Deutschland mit Gastbeiträgen in der "Welt" auf sich aufmerksam machte, nach eigenen Angaben 2020 für Joe Biden gestimmt. Seit ihrer Trennung sind sich Weiss und die "NYT" in treuer Gegnerschaft verbunden. Die Zeitung beschrieb am Dienstag FP als "schäbiges online Medien-Startup". Und ihr Aufstieg zur Chefredakteurin von CBS News bedeute eine neue Ära: Eine solche Chefin habe es in den fast 100 Jahren CBS-Geschichte nicht gegeben - schon weil Weiss "völlig unerfahren" sei, was das Fernseh-Nachrichtengeschäft betrifft, so die "NYT". Am Montag hatten David Ellison und Skydance noch eine weitere Personalie verkündet; Kenneth R. Weinstein vom konservativen Think-Tank Hudson Institute soll die Rolle des Ombudsmannes von CBS übernehmen, Zuschauerbeschwerden managen und dafür sorgen, dass CBS keine "vorurteilslastige Berichterstattung" leistet. Kritiker sehen darin den nächsten Angriff auf die Unabhängigkeit von CBS. Denn die Forderung nach einem Ombudsmann war eine Bedingung der vom Trump-Vertrauten Brendan Carr geleiteten Medien-Aufsichtsbehörde FCC, um den Verkauf von Paramount/CBS an Skydance freizugeben. Weiss sagte nach ihrer Berufung, Ellison und CBS verstünden, dass Amerika ohne "gemeinsame Fakten, gemeinsame Wahrheiten und eine gemeinsame Realität" nicht gedeihen könne. Ellison selbst klang ähnlich, als er im August auf einer Pressekonferenz meinte, er wünsche sich eine Nachrichtenorganisation, die auf Fakten und Wahrheiten gründe: "Unser Geschäft ist das Vertrauen", so Ellison. Doch Fakten und Wahrheit sind im Zeitalter von Donald Trump bekanntlich dehnbar und zahlreiche Begebenheiten der vergangenen Monate lassen an der Unabhängigkeit von Skydance, Paramount und CBS zweifeln. Etwa, weil Paramount 16 Millionen Dollar in einem Rechtsstreit an Donald Trump zahlte, damit dieser mit seiner Aufsichtsbehörde FCC im Juli den Verkauf von 28 lokalen CBS-Fernseh-Stationen durchwinkte. Trumps Vorwurf, CBS habe vor den Wahlen 2024 ein Interview mit seiner Gegnerin Kamala Harris in der Sendung "60 Minutes" manipuliert, war konstruiert und galt laut Juristen als substanzlos - Paramount zahlte dennoch. Die Zahlung galt als Kniefall vor Trump. Wird es nun weitere Abhängigkeiten dieser Art unter Bari Weiss geben? Wenn es jemanden gibt, der die journalistische Glaubwürdigkeit von CBS in sich trägt, ist es der Fernsehjournalist Chris Wallace. Er moderierte für CBS zwei Präsidentschaftsduelle und verkörpert für viele Amerikaner einen Journalismus alter Prägung. Wallace arbeitete später bei Fox und verließ 2021 den Sender, weil er das immer rechtsgerichtetere Programm nicht mehr mittragen wollte. Anschließend ging Wallace zu CNN, bis er überraschend vor einigen Monaten als Berater zu RedBird Capital Partners wechselte. Der Fonds ist einer der maßgeblichen Investoren bei Skydance. Wallace sagt, er habe mehrfach mit David Ellison gesprochen. CBS werde weiterhin die Wahrheit berichten und sich an Fakten halten. Doch eine Vorahnung, dass solche Garantien breiten Interpretationsspielraum lassen, zeigt der Fall von Trumps Heimatschutzministerin Christi Noem. Sie hat CBS beschuldigt, in der sonntäglichen Sendung "Face the Nation" Ende August ein Interview mit ihr verfälschend bearbeitet und gekürzt zu haben. Es ging um die Ausweisung von Kilmar Abrego Garcia; der seit Jahrzehnten in den USA lebende Salvadorianer war im März 2025 ohne Verfahren als angeblicher Terrorist aus den USA nach El Salvador deportiert und dort im berüchtigten Cecot-Gefängnis festgehalten worden. Garcia konnte zwar juristisch seine Rückkehr in die USA erstreiten, wurde aber bei der Einreise umgehend wieder verhaftet und wartet jetzt auf ein Verfahren wegen angeblichen Menschenschmuggels. CBS hatte zunächst erklärt, das Interview mit Noem nach üblichen journalistischen Standards gekürzt und sowohl online wie als schriftliches Transkript in voller Länge veröffentlicht worden. Die Ministerin wirft dem Sender dagegen vor, er habe bewusst von ihr aufgezählte angebliche Straftaten Garcias herausgeschnitten. Die entsprechenden Vorwürfe gegen Garcia werden von Rechtsexperten zwar als unbewiesen und haltlos bewertet. Doch CBS - nun unter David Ellisons Führung - gab schnell nach und legte fest, dass Interviews bei CBS generell nur noch live oder in voller Länge und unbearbeitet ausgestrahlt werden dürfen. Auch die Berichterstattung von CBS News über Donald Trumps Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 23. September fiel im Vergleich zu früheren Anlässen unkritisch aus. Anders als bei anderen Medien wurden Trumps Behauptungen nicht überprüft und einem Faktencheck unterzogen, obwohl der Präsident wieder einmal durch Desinformation und haltlose Behauptungen glänzte. CNN und seine prominente Journalistin Christiane Amanpour fanden dagegen deutliche Worte über Trump, dessen Lügen und "alternative Fakten" - und tun es weiterhin. Doch was passiert, wenn Skydance auch Warner und damit CNN übernimmt?

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