Klima, Krieg und Konzernmacht - "B Future Festival" sucht erträglicheren Journalismus

Von Jana Ballweber (KNA)

KONFERENZ - Bereits zum dritten Mal lud das "B Future Festival" Medienschaffende und Bürger zur Diskussion über einen besseren Journalismus ein. In diesem Jahr ging es vor allem um die Macht der Tech-Konzerne.

| KNA Mediendienst

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B Future Festival

Foto: Jana Ballweber/KNA

Bonn (KNA) Die Weltlage will und will sich nicht bessern, Kriege und Krise bestimmen weiter die Nachrichten in Deutschland und weltweit. Immer mehr Menschen gaben in Umfragen in den vergangenen Monaten und Jahren an, von Zeit zu Zeit die Zeitung (oder das E-Paper) beiseite zu legen, Fernseher und Radio auszuschalten und das Internet Internet sein zu lassen. Zu schwer ist die Flut schlechter Nachrichten zu ertragen. Weil das aber in einer Demokratie keine Lösung sein kann - die Probleme verschwinden nun mal nicht, wenn man die Augen vor ihnen verschließt - trommeln immer mehr Menschen für eine andere Art der Berichterstattung: konstruktiv, lösungsorientiert, lebensnah. Am vergangenen Wochenende kamen Verfechter dieses Ansatzes in Bonn beim "B Future Festival" zusammen. In einer Mischung aus Fachtagung und Stadtfest diskutierte die Branche untereinander, aber auch mit dem Publikum. Das drängelte sich trotz Temperatursturz und zwischenzeitlichen Regengüssen in recht großer Zahl in die Zelten auf dem Münsterplatz, um über Journalismus und Medien zu diskutieren. Das Festival fand bereits zum dritten Mal statt. Am Programm lässt sich trotz des konstruktiven Ansatzes relativ verlässlich ablesen, welche globale Krise gerade Talk of the Town ist. Standen in den vergangenen Jahren etwa die Berichterstattung über die Klimakrise und über Kriege hoch im Kurs, nahm dieses Jahr die Debatte über die Macht der Tech-Konzernen viel Raum ein. Co-Kurator des Festivals Markus Beckedahl warnte zum Auftakt vor Entwicklungen wie denen in den USA: "Die Medienlandschaft und die großen Tech-Konzerne sind in den USA eine Symbiose mit Trump eingegangen." Es sei klar geworden, dass man ihnen nicht trauen könne, so Beckedahl. Es gebe massive Angriffe auf die Pressefreiheit und eine mediale Gleichschaltung, so der Digitalexperte weiter. Ziel des Systems Trump sei es, kritischen Journalismus aus dem öffentlichen Diskurs zu tilgen. Auch in Deutschland gebe es Menschen, die ihre publizistische Macht missbrauchen, warnt Beckedahl weiter: "Wir dürfen nicht naiv sein." Um dagegenzuhalten brauche man besseren Journalismus, der das Publikum resilienter mache. Ellen Heinrichs, Gründerin und Geschäftsführerin des Bonn Instituts, das das Festival veranstaltet ergänzte: "Wir als Journalisten müssen überdenken, was wir tun." Journalismus werde immer bedeuten, dass Menschen Geschichten über andere Menschen erzählen, so Heinrichs weiter. Nach einer Antwort auf drängende Fragen der Netzpolitik suchten auch Ute Korinth und Mika Beuster vom Deutschen Journalisten-Verband gemeinsam mit der EU-Politikerin Alexandra Geese (Grüne). Und die startete so gar nicht im Sinne der konstruktiven Erfinder mit einer sehr düsteren Erkenntnis: "Der Spitzenpolitik - auf Bundesebene und in der EU - fehlt im Moment der Mut, die Demokratie zu retten." Zu eben jener Rettung braucht es jetzt eine konsequente Durchsetzung der EU-Digitalgesetzgebung, forderte Geese - insbesondere des Digital Services Acts (DSA), der große Online-Plattformen reguliert. Die EU-Parlamentarierin zeigte sich mit dem Gesetz insgesamt zufrieden, im Gegensatz zu ihren Gesprächspartnern. Sie möchten die Online-Plattformen zusätzlich noch dem deutschen Presserecht unterwerfen. An der Durchsetzung des DSA hapert es Geese zufolge aber noch gehörig. Das liege vor allem am Druck von Donald Trump und seinen Drohungen, etwa die Unterstützung für die Ukraine einzustellen, sollten US-Konzerne von der EU eingeschränkt werden. Auch der Medienminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Nathanael Liminski (CDU), pochte auf die Einhaltung europäischer Regeln. Im Gespräch mit Markus Beckedahl und dem Arzt und Komiker Eckart von Hirschhausen fordert Liminski: "Der Kontrolldruck muss größer werden, der Vollzug strenger. Die Frage ist, ob wir uns als EU selbst so ernstnehmen, dass wir unsere Vorschriften auch anwenden." Die Regeln seien über Jahre hinweg nach europäischen Wertvorstellungen entwickelt worden und eben kein Maulkorb, wie Populisten und Extremisten gern erzählten, so Liminski. Auch er habe bei der umstrittenen Rede des US-Vizepräsidenten JD Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Publikum sitzen müssen, so der Minister weiter. Seitdem denke er anders über das Land jenseits des Atlantiks, das "Partner" zu nennen ihm immer schwerer falle. Aber: "Es sollte es uns wert sein, zu vermitteln, dass Freiheit und Verantwortung bei uns zusammengehören." Ganz schön düstere Aussichten, die die Politik den Besucherinnen und Besuchern des Festivals da mitgebracht hatte. Die Macht der Tech-Konzerne und ihre Symbiose mit der politischen Macht Donald Trumps ist ja tatsächlich beängstigend genug, um beim Publikum einen Nachrichtenverzicht auszulösen - vor allem, weil sich Lösungen für diese Misere bislang so gar nicht am Horizont abzeichnen. Und doch zeigte sich beim "B Future Festival", dass es Methoden, Projekte und technische Hilfsmittel gibt, um dem etwas entgegenzusetzen. Ein Team der "Sendung mit der Maus" arbeitete mit Kindern das Thema Fake News auf - und zeigte, dass die Kleinsten überraschend fit im Umgang mit dem Netz sind. Denn Fake News sind Lügen, die sich als Wahrheiten verkleiden, lernt das Publikum von einem der Kinder. Und auch sonst sind sie selten um eine Antwort verlegen - auch bei Fragen, die viele Erwachsene ins Grübeln gebracht hätten. Auch wenn die Diskussion um die Zukunft des Internets sich in viele Programmpunkte einschlich, waren Krieg und Klima natürlich nicht ganz vergessen. Darius Harwardt berichtete über die Bemühungen, das Thema Klimakrise im Vorabend-Programm der ARD unterzubringen - und die Beharrungskräfte des Senders, die das bislang dazu verdammte, eine kühne Vision zu bleiben. Astrid Prange des Oliveira von der Deutschen Welle diskutierte mit zwei Journalisten und der Pressesprecherin von Unicef darüber, eine Auslandsberichterstattung gelingen kann, die über die Ukraine und die USA hinausgeht. Und die gerade über die Länder des globalen Süden auch mal von Erfolgsgeschichten erzählt. Was das Festival auch in diesem Jahr wieder auszeichnete, war der Dialog mit dem Publikum. Gefordert wurde er in zahlreichen Veranstaltungen - auch als Mittel, um einen erträglicheren Journalismus zu schaffen. Zuhören als Kernkompetenz guter Journalistinnen und Journalisten forderte etwa Keynote-Speakerin Nina Fasciaux vom Solutions Journalism Network. Und die Bonner Bürgerinnen und Bürger mischten sich in den für die Öffentlichkeit zugänglichen Programmpunkten auch ordentlich ein - und gab den anwesenden Journalisten die eine oder andere Hausaufgabe für den zukünftigen Arbeitsalltag mit auf den Weg.

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