München (KNA) Acht Minuten hatten die Veranstalter der Medientage München Medienstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) für seine Rede gegeben. Acht Minuten, in denen Google Millionen verdient, wie Weimer dem Publikum vorrechnete. Womit er gleich bei seinem neuen Lieblingsthema war: die US-Tech-Konzerne und deren Monopolmacht. Die will Weimer mit einer Abgabe einhegen, die die Betreiber großer Plattformen in Deutschland zahlen sollen. Die Abgabe soll vor allem die unabhängigen Medien finanzieren helfen, deren Werbegeschäft unter dem Gebaren von Google und Co. leidet. Unterbrochen von einem Zusammenbruch der Soundanlage - Weimer vermutete böse MFE-Mächte in Unterföhring dahinter, die er kurz zuvor wegen des Rauswurfs des ProSiebenSat.1-Vorstands ermahnt hatte - richtete Weimer deutliche Worte an die Vereinigten Staaten. Er sei immer ein Freund Amerikas gewesen und vertraue darauf, dass die USA auch unter Trump das Problem mit den Digitalmonopolen angehen würden: "Die USA haben immer wieder Monopole aufgebrochen, wir werden das auch bei Big Tech erleben." Da war sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) weniger sicher. Dieser betonte stattdessen die Notwendigkeit, technologisch so gut zu werden, dass man die Fortschritte in anderen Gegenden der Welt mit eigener Technik beantworten könne: "Regulatorik brauchen wir vor allem, um uns Wettbewerbsvorteile zu verschaffen", so Söder. Darin sieht der CSU-Politiker auch innerhalb Deutschlands eine politische Notwendigkeit. Die Nazis hätten Söder zufolge die Demokratie der Weimarer Republik auch deshalb so erfolgreich aushebeln können, weil sie sich der neuesten Technologien bemächtigten. Das sei auch ein Grund für ihn, Social Media so intensiv zu nutzen, erklärte Söder, der sich auf Tiktok und Instagram als Food-Influencer einen Namen zu machen versucht. Söder nutzte seinen Auftritt bei den Münchner Medientagen auch, um sich erneut mit deutlichen Worten von der AfD abzugrenzen. Er wolle kein von Papen werden, sagte Söder in Anspielung auf den Reichskanzler Franz von Papen, der in den 1930er Jahren erheblich daran beteiligt war, Hitler und der NSDAP zur Macht zur verhelfen. "Wenn Demokraten glauben, sie können mit Radikalen paktieren, werden sie immer verlieren. Sie werden zu Steigbügelhaltern", so Söder. Das war für ihn allerdings kein Grund, dem rechtspopulistischen Online-Portal Nius, das der AfD oft nach dem Mund redet, kein Interview zu geben. Er wolle die AfD ächten, nicht deren Wähler, sagte Söder und verwies auf Umfrage, denen zufolge zu den AfD-Wählern inzwischen knapp 30 Prozent der wahlberechtigten und wahlwilligen Deutschen zählen könnten. Damit sprang Bayerns Ministerpräsident Bundestagspräsidentin Julia Klöckner bei, die vor einiger Zeit für große Empörung gesorgt hatte, als meint, dass Nius auf der politisch rechten Seite das darstelle, was die "Taz" links sei. Auch Söder zog diese Parallele und rechtfertigte sein Interview mit dem Krawallportal damit, dass er auch der "Taz" ein Interview geben würde - auch wenn er dort weniger Potenzial sehe, die Leserschaft zu überzeugen, CSU zu wählen. Eine Position, die sowohl bei Moderatorin Eva Schulz als auch beim darauffolgenden Podium auf Kritik stieß. Die Autorin Jagoda Marinic wollte die Gleichsetzung nicht gelten lassen - und legte auch gegen Staatsminister Weimer nach. Dieser hatte im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Finanzierung den rechten Kampfbegriff "Zwangsgebühren" verwendet, was Marinic nicht nachvollziehen konnte. In diesem Jahr haben die Medientage München sich das Motto "WTFuture?!" gegeben. Eine Frage, die sich viele in der Medienbranche derzeit stellen dürften. Immer größere Teile der Mediennutzung verlagern sich ins Netz, aber gerade textbasierte Medienhäuser verzeichnen immer weniger Klicks auf ihren Webseiten - und damit starke Rückläufe bei den Werbeeinnahmen. Grund ist vor allem die KI-Übersicht von Google, die Suchanfragen direkt auf der Seite von Google beantwortet, statt wie bisher Nutzer zu Webangeboten weiterzuleiten, die ihrer Anfrage am ehesten entsprechen. Vor allem die Vertreter privater Medien, darunter Stephan Schmitter von RTL Deutschland und Christian Wegner von der "Süddeutschen Zeitung" forderten eine Vergütung von Medienanbietern, wenn ihre Inhalte in der KI-Suche auftauchen. Thorsten Schmiege von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien wies auf ein weiteres Problem hin: Anders als bisher erstellen die großen Plattformen mit ihren KI-Übersichten selbst Inhalte - für die sie aber nach bisheriger Rechtspraxis nicht haften. Ein Umstand, den Schmiege ändern will. Neben dem drängenden Problem der KI war aber auch immer wieder das "ältere", aber weiterhin ungelöste Problem der Sozialen Medien Thema. Auch hier haben Medienhäuser sich in die Abhängigkeit von Tech-Konzernen aus den USA und aus China begeben, die nicht gerade das Beste für den Journalismus im Sinn haben. Dem ein oder anderen Podium hätte es womöglich gut getan, nicht nur anzugtragende, mittelalte Herren anzuhören, die das Netz von Anbeginn verfolgen, sondern auch die Zielgruppe, die man auf Tiktok und Co. vermutet, mit ins Gespräch zu holen. Die Zeiten, in denen sogenannte "Bro"diumsdiskussionen, die ausschließlich mit Männern besetzt sind, verpönt waren, scheinen in der Medienbranche aber schon wieder vorbei zu sein. Abseits der technischen und rechtlichen Herausforderungen stellen die Medientage München aber auch immer wieder inhaltliche Fragen. Ein Panel von Sportjournalisten, Senderverantwortlichen und Fußballfunktionären sucht nach Wegen, die Leidenschaft vieler Fans mit der Notwendigkeit, Geld zu verdienen zu vereinen. "Medien finanzieren den größten Teil des deutschen Profifußballs", konstatierte etwa Charly Classen von Sky Deutschland. Mia Guethe vom Magazin "11 Freunde" erinnerte an die wichtige Rolle der Fans im großen Fußballspektakel. Eric Huwer vom Hamburger SV wies wiederholt auf das große Potenzial des Frauenfußballs hin, das zu heben bislang weder Vereinen noch Medien ausreichend gelungen sei. Auch der Wissenschaftsjournalismus wurde diskutiert, der natürlich in seiner Glaubwürdigkeit immer auch auf Gedeih und Verderb der Glaubwürdigkeit des Wissenschaftssystems ausgeliefert ist. Damit er trotzdem gelingt und sein Publikum findet, forderte Sibylle Anderl von der "Zeit" Fachwissen in den Redaktionen, Jonathan Focke von den Quarks Science Cops Unterhaltsamkeit und Ulrich Walter, Astronaut und Professor an der TU München, Vertrauenswürdigkeit und Faktentreue. Wo also geht die Reise der Branche hin? Wird sie zwischen AI Slop, KI-generierten Zusammenfassungen und Ragebait auch im Netz endlich das Plätzchen finden, an dem sie ihre Relevanz für die Demokratie voll auskosten kann? Oder werden immer mehr Häuser im Strom von Big Tech mitgerissen? Die Antwort darauf wird wohl nur an einem Ort zu finden sein: auf den Medientagen München 2026.