Budapest (KNA) Die Schweizer Mediengruppe Ringier hat ihre ungarische Mediensparte Ringier Hungary an den als regierungsnah geltenden Medienkonzern Indamedia Network verkauft. Damit wechseln auch die einflussreiche Boulevardzeitung "Blikk" und ihr Sonntagsableger "Vasarnapi Blikk" den Besitzer. Offiziell heißt es, Ringier verkaufe seine ungarischen Titel, "um die Transformation unserer Medienmarken zu beschleunigen und ihnen eine erfolgreiche Zukunft zu ermöglichen". Der Verkauf sei "eine strategische, lokale Entscheidung. Sie ermöglicht es uns, unsere Ressourcen auf unsere bestehenden Märkte in Europa und Afrika zu konzentrieren", so Ringier-Vorstandschef Marc Walder laut einer Konzern-Mitteilung. Hintergrund des Verkaufs dürften aber auch die zunehmend restriktive Medienpolitik von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán und die anstehenden Wahlen im kommenden Jahr sein. Indamedia gilt als regierungsnah und ist seit Jahren Marktführer bei Online-Nachrichtenportalen und diversen Zeitschriften im Land. Rein wirtschaftliche Gründe spielen dagegen wohl keine Rolle, laut Konzernmitteilung sind sowohl Indamedia als auch Ringier Hungary "hochprofitabel". Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht. In Ungarn haben im Zuge von Orbáns Kampagnen gegen unabhängige Medien in den letzten Jahren viele ihr Erscheinen eingestellt oder wurden von Orbán-nahen Kreisen übernommen. Nach Medienberichten kontrolliert die von Orbáns Regierungspartei Fidesz gegründete Stiftung Kesma direkt oder indirekt landesweit bereits mehr als 400 Medienangebote. Die Boulevardzeitung "Blikk" ist bislang Ungarns meistgelesene, marktführende nationale Tageszeitung und betreibt auch eines der beliebtesten Nachrichtenportale des Landes. Außerdem umfasst der Deal Websites wie das Gesundheitsportal EgészségKalauz.hu, Frauen- und Lifestylezeitschriften wie "Kiskegyed" und "Glamour", diverse TV-Programmmagazine sowie die ungarische Version der "Auto-Bild". Ringier behält nach eigenen Angaben nur die Online-Jobplattform Profession sowie das Sportmedienportal Sportal.hu. Im Zuge der Übernahme durch Indamedia verlassen Chefredakteur Iván Zsolt Nagy und andere Führungskräfte das Blatt, offiziell im Einvernehmen mit den neuen Eigentümern. Nagy hatte die Chefredaktion erst im Frühjahr übernommen. Wie es damals hieß, sollte er "Blikk" vom reinen Sensationsblatt stärker in Richtung Politik- und Wirtschaftsberichterstattung positionieren. Die redaktionelle Neuausrichtung hatten Brancheninsider auch darauf zurück geführt, dass bei den für April 2026 geplanten Parlamentswahlen Ministerpräsident Orbán erstmals seit langem echte Konkurrenz droht. Beobachter rechnen damit, dass Péter Magyar von der Tisza-Partei (Tisztelet és Szabadság Párt; übersetzt Respekt- und Freiheitspartei) gute Chancen gegen Orbáns Partei Fidesz hat. Magyar galt lange Zeit als rechte Hand Orbáns, verließ Fidesz aber Anfang 2024 wegen interner Meinungsverschiedenheiten Richtung Tisza. Unter Magyars Führung gelang Tisza bei den Europawahlen ein überraschender Erfolg. Die Partei kam auf knapp 30 Prozent der Stimmen, während Fidesz das schlechteste Ergebnis seit zwanzig Jahren einfuhr. Auch in den meisten aktuellen Wahlumfragen liegt Tisza vor Fidesz. Indamedia erklärte in einer Pressemitteilung, der Deal sei "ein wichtiger Meilenstein" für die Wachstumsstrategie des Konzerns. De facto wird das Unternehmen nach der Fusion fast doppelt so groß sein. "Dadurch wird Indamedia in Zukunft noch besser positioniert sein, um nicht nur mit nationalen, sondern auch mit globalen Akteuren zu konkurrieren", so Vorstandschef Gábor Ziegler, dem Indamedia gemeinsam mit Miklós Vaszily gehört. Vaszily ist Präsident des größten ungarischen Privatsenders TV2 und gilt als enger Vertrauten von Ministerpräsident Orbán. Durch von Orbán protegierte Geschäfte soll Vaszily nach Angaben regierungskritischer Medien in den vergangenen zehn Jahren zu einem der reichsten Unternehmer Ungarns geworden sein. Zu Indamedia gehört auch Ungarns erfolgreichstes Nachrichtenportal Index. Index war 2020 in die Schlagzeilen geraten, weil die damalige Redaktion im Streit um zunehmenden Regierungseinfluss auf ihre Arbeit geschlossen gekündigt und das unabhängige, bis heute bestehende Nachrichtenportal Telex gegründet hatte.