Bonn (KNA) Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) die inländischen TV- und audiovisuellen Medienrechte für die Spielzeiten bis 2029 ihre vergab und dabei in Summe mehr als vier Milliarden Euro erlöste. In diesen Tagen geht es nun erneut um wichtige Fußballrechte: Die UEFA Champions League für den Zeitraum ab Sommer 2027 bis 2031. Dass die UEFA die Rechte für gleich vier Spielzeiten vergibt, ist nicht das einzig Neue an diesem Bieterverfahren. In einem Markt, der angesichts des schwierigen Werbeumfelds in vielen Ländern Europas nur noch als schwer zu steigern gilt, will die UEFA trotzdem Erlössteigerungen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich durchsetzen. Deshalb wurden auch neue Partner mit dem Verkauf der Übertragungsrechte beauftragt. Für die Vergabe zuständig sind nun die Unternehmen UC3 und Relevant Football Partners aus den USA. Letzteres ist eine Tochtergesellschaft von Relevant, die zuletzt in den Schlagzeilen war, weil sie ein Spiel der spanischen La Liga im Dezember in Miami veranstalten wollte. Nach Protesten in Spanien wurde der Plan wieder verworfen. Die Stoßrichtung ist klar: Für viele amerikanische Agenturen ist Sport mittlerweile eine Unterhaltungsindustrie geworden, Show gehört genauso dazu wie Schweiß und Torjubel. Die Traditionalisten unter den Fans fremdeln - noch aber sind sie in ausreichendem Maße bereit, trotzdem zu bezahlen. Um die Erlösziele zu erreichen, hat Relevant in den vergangenen Monaten eine Ausschreibung herausgebracht, die vor allem auf global agierende Streamingdienste ausgerichtet ist. Im Kern stehen auch diesmal wieder die so genannten "Big 5", also die fünf europäischen Märkte, die das meiste Geld zahlen: Allen voran sind das Großbritannien, aber auch Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich. Eine von Relevant eingeführte Neuerung, die vor allem globalen oder pan-europäisch agierenden Plattformen zugute kommt: Die Rechte für die "Big 5"-Märkte werden erstmals nicht nacheinander, sondern parallel verkauft. Gebotsabgabe ist jeweils der 18. November. Wer in allen Märkten aktiv ist, kann so alles auf einen Schlag erwerben und dann versuchen, durch multi-nationale Produktion Synergien zu schaffen. Am kommenden Dienstag werden auch die Gebote für ein ganz neues Rechtepaket vorliegen: Ab 2027 gibt es ein Erstwahlrecht für das Spitzenspiel eines Spieltags, und der UEFA-Vermarkter will dieses jetzt nur an einen einzigen Anbieter verkaufen. Zum Interessentenkreis können somit per se nur weltweit agierende Plattformen gehören. Netflix wurde bereits als möglicher Abnehmer gehandelt; auch DAZN ist denkbar, schließlich hatte das von Shay Segev geführte Unternehmen schon im Sommer die globale Streamingrechte an der FIFA-Klub-WM gehabt und sublizenziert. In Deutschland liegen die Live-Rechte an der Champions League seit 2021 bei Prime für das beste Spiel am Dienstag und bei DAZN für alle anderen Matches. Das ZDF zeigt Highlights und - gemäß Medienstaatsvertrag - das Finale live. Europa- und Conference-League gibt es bei RTL und RTL+. Offizielle werden zwar keine Zahlen genannt, Insidern zufolge soll die UEFA derzeit in Deutschland pro Saison aber um die 300 Millionen Euro für die Champions League erlösen. Ende vergangenen Jahres hatte auch Sky Deutschland wieder sehr interessiert gezeigt: Sky war bis 2021 TV-Partner der Königsklasse, hielt bei den vergangenen beiden Ausschreibungen finanziell aber nicht mit. Vergangenen Dezember untermauerte CEO Barny Mills, dass sein Unternehmen um die Champions League mitbieten werde. Trotz der Interessensbekundung bleibt der Pay-TV-Sender die große Unbekannte. Einerseits, weil Mills dies kundtat, bevor klar war, dass die Ausschreibung alles andere als Sky-freundlich gestaltet ist. Andererseits, weil es eine Vereinbarung gibt, dass RTL Deutschland Sky kaufen möchte - für den Vollzug fehlt allerdings noch das im kommenden Jahr erwartete Go der EU-Kommission. Klar kommuniziertes Ziel der Sky-Übernahme ist der Wettbewerb mit den großen Streamern wie Netflix im Fiktionalen und DAZN im Sport. DAZN nun bei der Königsklasse ein Schnippchen zu schlagen, das wäre sicher ganz im Sinne von Stephan Schmitter, dem RTL- und - so alles glatt geht - kommenden Sky-CEO. Nur: Bei der Ausschreibung jetzt sitzt er nicht am Steuer, Absprachen sind offiziell untersagt. Für RTL/Sky kommt zudem das Timing ungelegen. Barny Mills handelt also noch unter Comcast-Dach und dürfte vor dem Problem stehen, möglicherweise gegen Plattformen antreten zu müssen, die für alle "Big 5"-Länder gemeinsam bieten. Das ist für das europäische Sky nur bedingt attraktiv, da es aktuell weder in Spanien noch in Frankreich aktiv ist. Und: Die Marktlage ist von Sky-Land zu Sky-Land unterschiedlich: Während Sky Italia die Champions League dringend braucht, ist Sky Sports in Großbritannien auch ohne bestens aufgestellt. Wie viel Sinn macht die Champions League also für Sky? Darüber streiten sich auch Insider der Branche. Das zweifelsfrei kostspielige Vergnügen wäre geeignet, DAZN Schaden zuzufügen. Ob Sky damit aber zusätzliche Abos abschließen kann, ist ungewiss. Da wäre die bald wieder auf den Markt kommende NFL-Rechte günstiger und im Zusammenspiel mit RTL auch strategisch nicht schlecht. Die Champions League bei Sky, sie wäre wohl in erster Linie ein Signal an Branche und Konsumenten. Für DAZN hingegen ist die Champions League in Deutschland ein Muss - sollte man hier leer ausgehen, müssten wohl die Angebotspakete und Preise von DAZN neu justiert werden. Und für die Amazon-Tochter Prime Video ist das Dienstags-Spiel der Königsklasse längst das Sport-Aushängeschild. Investitionen in die NBA (globaler Deal), NFL (vereinzelte Matches global) und verschiedene nationale Einkäufe zeigen, dass Livesport für Prime Video einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert hat - und dessen Bedeutung wohl noch zunehmen dürfte. Nahezu alle Free-TV-Anbieter (mit Ausnahme des wohl bald mit Sky verbandelten RTL) dürften bei den aufgerufenen Summen und wegen der Konfiguration der Pakete allerdings eher außen vor bleiben. Längst ruft die UEFA Summen auf, die weder allein durch Werbeerlöse noch durch den Rundfunkbeitrag refinanziert werden können. Welche Anbieter auch immer zum Zuge kommen - es gilt als sicher, dass die Champions League bis ins neue Jahrzehnt zumeist hinter der Bezahlschranke stattfindet.