Bonn (KNA) In ihrer neuen ZDF-Komödie "Gar kein Geld macht auch nicht glücklich" spielt Schauspielerin Katharina Wackernagel eine Kriminelle. Das hält das Publikum aber nicht davon ab, mit ihr zu sympathisieren. Denn ihre Figur Kim bricht das Gesetz für das Gute. Wie sieht das die Schauspielerin hinter Kim? Im Interview des KNA-Mediendienstes plädiert Wackernagel für zivilen Ungehorsam im Dienste der Demokratie, erklärt ihr Engagement gegen Rechts und warum sie gerne Alice Weidel spielen würde, aber noch lieber Sahra Wagenknecht. KNA-Mediendienst: Frau Wackernagel, ihre Filmfigur Kim begeht im ZDF-Film "Gar kein Geld macht auch nicht glücklich" eigentlich die ganze Zeit Rechtsbrüche, wenngleich eher selbstloser Natur. Gibt es gute und schlechte Verbrechen? Katharina Wackernagel: Ich finde schon. Wenn man sie nicht aus Habgier, sondern wie hier für die Gerechtigkeit begeht, zum Beispiel. Aber ich persönlich würde nie Rechtsbrüche begehen, für die man ins Gefängnis müsste. Spätestens, seit wir diesen Film jetzt gedreht haben, wurde mir bewusst, niemals dort hineinzuwollen. MD: Alles darunter schon? Wackernagel: Fiese Frage (lacht). Wichtig wäre mir, immer die Grenzen der Menschlichkeit und die Verhältnismäßigkeit der Methoden im Auge zu behalten. Dafür, die Demokratie zu schützen oder die politische Meinungsfreiheit, würde ich schon Recht brechen. Aber der Zweck heiligt nicht alle Mittel. Das erzählt auch unser Film. Die drei Frauen werden beim Einbruch erwischt und landen jahrelang im Knast. Aber wie so vielen Juwelen- oder Spielbankräubern im Kino sieht man ihnen das nach, weil sie die richtigen ausrauben und dabei niemanden verletzen, sondern austricksen. Ein Betrüger wie der Pharma-Unternehmer Heisinger jedenfalls verdient es ja, dass man ihn ebenfalls betrügt. MD: Ihr Film ist demnach wie "Oceans' Eleven" ein ethischer Heist-Movie? Wackernagel: Das ist ja fast ein eigenes Genre. Wenn sie für das Gute kämpfen, taugen selbst Kriminelle als Sympathieträger. MD: Suchen Sie Ihre Rollen und Filme manchmal auch danach aus, dass darin jemand für das kämpft, was Sie als das Gute betrachten? Wackernagel: Ach, schön wär's, wenn man sich das immer aussuchen könnte. Aber so überschüttet mit Angeboten werde ich jetzt auch nicht, dass da ständig Drehbücher mit moralischer Aussage auf dem Schreibtisch lägen. Grundsätzlich ist es spannender, wenn Geschichten übers eigentliche Thema hinausgehen, also nicht nur Krimi, Komödie, Lovestory sind, sondern etwas über die Gesellschaft insgesamt erzählen. Film darf natürlich auch einfach nur gut unterhalten. Aber wenn es darin eine Botschaft gibt, die zum Denken anregt, also wie Ihre Einstiegsfrage ergründet, ob es gute oder schlechte Kriminalität gibt: umso besser. MD: Und was sind darüber hinaus nun Ihre Suchkriterien? Wackernagel: Dass meine Figuren glaubwürdig sind und ich sie von innen heraus begreifen kann. Dann ist mir eigentlich auch egal, ob und in welchem Genre ich das Opfer oder die Täterin spiele. Und da finde ich es wie in diesem Film besonders schön, wenn man die Wut aufs System in einer leichten Komödie vermittelt, also ein bisschen um die Ecke und mit Spaß daran. MD: Mitunter äußern Sie sich aber auch sehr explizit und ziemlich ernst. In Ihrem Musikvideo "Wehrt euch" zum Beispiel positionieren Sie sich sehr unmissverständlich gegen den Rechtsruck und die AfD. Wackernagel: Sich so zu positionieren, habe ich lange Zeit eigentlich vermieden. Und zwar besonders, weil ich mich dazu einfach viel weniger berufen gefühlt habe als Menschen, die deutlich mehr gesellschaftspolitische Expertise mitbringen als ich. Wenn ich in so einer Situation deutlich sagen würde, was falsch ist, müsste ich mir ja auch die Frage gefallen lassen, wie man es besser machen müsste. Aber seit westliche Gesellschaften so weit nach rechts rücken und die AfD so viele Lügen in der Öffentlichkeit verbreitet, wurden mir Hass und Hetze dieser Partei zu viel, um mich gar nicht dazu zu äußern. Das musste einfach raus. Und weil ich die Busters... MD: ...mit denen Sie den Song eingespielt haben... Wackernagel: ... schon so lange kenne, bin ich mit dem Wunsch an sie herangetreten, gemeinsam Haltung zu zeigen. Die Band engagiert sich schließlich schon lange gegen Rechts. So erschien es mir irgendwie angemessener als irgendwelche Posts in Sozialen Medien. MD: Oder Filme mit entsprechender Botschaft. Wackernagel: Na ja, als Schauspielerin würde ich dann doch hinter der Rolle verschwinden - die übrigens auch genauso gut die Gegenseite darstellen könnte. Wenn man mir eine Figur wie Alice Weidel anbieten würde, fände ich das ja womöglich viel reizvoller als eine politische Gegnerin. Von daher war so ein Musikvideo der beste Weg für mich. MD: In dem Sie sich ja, was viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen tunlichst vermeiden, sehr deutlich exponieren. Welche Konsequenzen hatte das? Wackernagel: Schon spürbare. Und es hat mich echt erstaunt, wie viele Menschen völlig ungefiltert ihren Hass ins Netz spülen. Darüber war ich aber ständig mit den Busters im Austausch, von denen vor allem der Sänger Joe seit langem extrem viel Hass erntet. Er hat mir beim konstruktiven Umgang mit solchen Reaktionen sehr geholfen - auch um Nazis keine Plattform zu bieten. Das hat sehr geholfen, aber es bleibt schockierend, welche Welle auf einen zurollt, wenn man wie ich einmal ins Visier geraten bin. Dennoch gab und gibt es auch sehr viel positive Resonanz. Wir lassen uns jedenfalls nicht einschüchtern. MD: Und würden es demnach genauso wieder machen? Wackernagel: Grundsätzlich ja. Aber ich bin generell nicht so viel auf Social Media aktiv und habe nebenbei auch schon noch andere, private oder berufliche Projekte am Laufen, die viel Aufmerksamkeit und vor allem Zeit erfordern. Als Schauspielerin möchte ich vor allem Projektionsfläche meiner Figuren sein, nicht unbedingt ihrer Einstellungen. Und da fände ich Alice Weidel weit weniger spannend als eine Sahra Wagenknecht. Die hat einfach mehr Widersprüche in sich. MD: Steht da womöglich bereits was auf der Agenda? Wackernagel: Leider nicht, solche Angebote sind wie gesagt selten. MD: Sie könnten ja Ihren Bruder Jonas Grosch damit betrauen, der auch "Gar kein Geld ist auch keine Lösung" geschrieben und inszeniert hat. Wackernagel: Auch für den sind politische Erzählungen nicht so einfach unterzukriegen. Je schwieriger die Zeiten sind, desto größer ist der Bedarf nach leichter Zerstreuung.